Weil diese sich ihrer Meinung nach „zu westlich“ verhalten haben, sollen fünf Männer und eine Frau - allesamt tschetschenische Staatsbürger - Frauen systematisch verfolgt, denunziert, bedroht oder sogar verletzt haben. Die sechs selbst ernannten Sittenwächter wurden festgenommen und dürften einer hierarchisch strukturierten Gruppe angehören, die seit mindestens Anfang des Jahres in Wien und Linz aus Tschetschenien stammende Frauen sowie in manchen Fällen auch deren Partner oder Familien daran „erinnern“ will, sich den Wertevorstellungen entsprechend zu verhalten. Die Polizei geht davon aus, dass es sowohl weitere Opfer als auch weitere Täter gibt.
Ins Rollen kam der Fall, nachdem sich eine betroffene Frau an die Polizei gewandt hatte. Daraufhin meldeten sich weitere Frauen, die Ermittlungen der Polizei starteten. Die Opfer - bisher sind zehn bekannt - berichteten, dass etwa ein Foto in Badebekleidung oder eine Beziehung zu einer nicht tschetschenischstämmigen Person ausgereicht habe, um ins Visier der Gruppe zu geraten. War dies passiert, seien die Täter systematisch vorgegangen, schilderte ein Polizeisprecher am Donnerstag.
Bilder der Frauen wurden in Moscheen aufgehängt
Zuerst sollen die Mitglieder der Gruppierung den Bekanntenkreis, aber auch soziale Medien durchforstet haben. Gab es Anhaltspunkte für „Vergehen“, wurde jemand losgeschickt, um mit der jeweiligen Frau zu sprechen. Hat das nicht gefruchtet, wurden auch Familienmitglieder in die Drohungen einbezogen, so die Polizei. Weiters sollen Bilder der Frauen in Moscheen aufgehängt worden sein, um sie zu denunzieren. Laut Polizei folgten bei Nicht-Einlenken der Frauen weitere Drohungen und auch Gewalt, egal ob zu Hause oder am Arbeitsplatz. Initiiert wurden die Taten laut Polizei eher von den älteren Mitgliedern der Gruppe.
Die bisher bekannten „Sittenwächter“ sind zwischen 19 und 37 Jahre alt und sollen die Einschüchterungen, aber auch Körperverletzungen in mindestens zehn Fällen seit etwa Anfang des Jahres begangen haben. Nach intensiven Ermittlungen wurden die fünf Männer und die Frau in den Nachtstunden des 17. Juni im Rahmen eines koordinierten, simultanen Zugriffs an den Wohnadressen der Verdächtigen festgenommen, wie es in einer Aussendung der Landespolizeidirektion Wien hieß.
Gas- und Schreckschusswaffen, Messer sowie Bargeld sichergestellt
Bei dem Zugriff von Beamten des Landeskriminalamtes Wien mit Unterstützung der Cobra und der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität Linz stellten die Beamten Mobiltelefone, die vermutlich zur Kommunikation in bestimmten Messengerdiensten gedient hatten, diverse Gas- und Schreckschusswaffen, Messer sowie 5000 Euro Bargeld sicher. Ob die Waffen bei den Drohungen an die Frauen zum Einsatz kamen, konnte die Polizei am Donnerstag nicht sagen. Die Verdächtigen sollen aber in sozialen Netzwerken damit posiert haben.
Die mutmaßlichen Täter wurden wegen zahlreicher strafrechtlicher Delikte angezeigt, vor allem wegen des Verdachts der mehrfachen Körperverletzung, Nötigung sowie der kriminellen Vereinigung. Die Polizei geht davon aus, dass es sowohl weitere Opfer als auch weitere Täter gibt. Die Ermittlungen sind im Gange.
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