Der Messenger Telegram hat in den vergangenen Monaten als virtuelle Heimat von Rechtsradikalen und Verschwörungstheoretikern Schlagzeilen gemacht. Aber auch Drogen, Waffen, rezeptpflichtige Medikamente und gefälschte Dokumente lassen sich hier mit einer simplen Suchanfrage finden. Anders als beim Schwarzmarkthandel im Darknet braucht man bei Telegram keinerlei technischen Sachverstand.
Wer im Netz Schwarzmarktangebote für Betäubungsmittel, Waffen oder geklaute Accounts gesucht hat, musste bislang meist den Tor-Browser bemühen und ihn richtig zu nutzen wissen. Inzwischen lassen sich solche Angebote problemlos über den Messenger Telegram finden. „Die technische Hürde ist bei Telegram so niedrig, dass selbst wenig versierte Nutzer Anbieter, Gruppen oder Kanäle finden können, in denen Händler illegale Waren aller Art präsentieren“, berichtet Merlin Schumacher von der Fachzeitschrift „c‘t“ in dessen aktueller Ausgabe. Nur wenige Minuten dauerte es, bis „c’t“ bei seinen Recherchen auf Anbieter stieß, die harte Drogen wie Heroin, Kokain oder Crystal Meth verkauften.
Telegram sei für diese Art von Angeboten, aber auch für Botschaften von Extremisten so attraktiv, weil der Betreiber selbst nach Hinweisen durch Nutzer wenig lösche. „Die von uns vor acht Wochen gemeldeten Gruppen sind trotz offensichtlich illegalem Handel bis zum Redaktionsschluss nicht gelöscht worden“, berichtet Schumacher.
Vermeintlich sicherer und anonymer
Dazu komme, dass Telegram im Vergleich zu anderen Messengern als sicherer und anonymer gelte. Das stimme aber nur bedingt. Während beim oft gescholtenen WhatsApp alle Kommunikation Ende-zu-Ende verschlüsselt sei, müsse man bei Telegram dafür extra einen privaten Chat starten. Ein normaler Chat sei lediglich transportverschlüsselt und laufe im Klartext über die Telegram-Server, so „c‘t“. Gruppenchats und Kanäle kann Telegram demnach nicht Ende-zu-Ende verschlüsseln. „Das wiegt einige Nutzer und Anbieter anscheinend in falscher Sicherheit, sodass sie mit Klarnamen oder sichtbarer Telefonnummer in Erscheinung treten“, sagt Schumacher.
Das deutsche Bundeskriminalamt überwacht Telegram dem Bericht nach bereits seit Längerem, auch das Bayerische Landeskriminalamt teilte auf Anfrage von „c’t“ mit, es sei bekannt, dass die Chat-Plattform vereinzelt für strafrechtlich relevante Sachverhalte genutzt werde. Allerdings gehe man davon aus, dass potenzielle inkriminierte Geschäfte bevorzugt über das Darknet beziehungsweise Tor-Netzwerk abgewickelt würden.
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