Österreichs Almen beben. Tausende Urlauber sind wandernd unterwegs, und viele Bauern fragen sich schon: Wie viele Menschen verträgt die Alm?
Unsere Almen sind ein wertvolles Stück österreichisches Kulturgut. Ein Platz, wo wir uns einfach gerne aufhalten: Eine Alm ist nicht nur gut fürs „Gmiat“, sondern auch für die Gesundheit. Anders sieht die Situation aus der Sicht der Almbauern aus, denn nachdem Österreichs Politspitze Corona-bedingt zum „Urlaub daheim“ aufgerufen hat, erleben unsere Almen und Berge einen Ansturm wie noch nie.
„Es ist viel los, richtig viel!“, stöhnt Almobmann Norbert Mörtl aus dem Kärntner Gailtal: „Auf Dauer definitiv zu viel.“ Das Vieh kommt nicht mehr zur Ruhe. „Auch weil viele Wanderer mit ihren Hunden keine Rücksicht nehmen.“ Und die Probleme auf den Almen sind die alten geblieben. Erst Mitte Mai hat der Oberste Gerichtshof im Fall der tödlichen Kuhattacke im Tiroler Pinnistal im Jahr 2014 die Teilschuld von Landwirt und Hundehalterin bestätigt.
Der betroffene Bauer hätte laut Urteilsspruch um die Gefährlichkeit seiner Mutterkühe wissen müssen. Nun hat er dem Witwer und Sohn der zu Tode getrampelten Deutschen (45) 80.000 Euro und eine monatliche Rente von 780 Euro zu zahlen. Zehn Regeln für ein Miteinander auf Almen hat daraufhin Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) präsentiert - doch daran hält sich leider nicht jeder.
Das beste Beispiel: die Schreck-Attacken auf Kühe, die „Kulikitaka“-Challenge, bei der „Spaßvögel“ den Tieren einen derartigen Schrecken einjagen, dass Kühe panisch flüchten, Zäune niedertrampeln und sich verletzen.
„Brauchen klare Regeln und Gesetze“
Von Verhaltenstipps hält Landwirt Georg Doppler aus Waizenkirchen in Oberösterreich, der als Wutbauer nach der „Kulikitaka“-Challenge auf sich aufmerksam gemacht hat, deshalb gar nichts: „Wir brauchen klare Regeln und Gesetze.“
Viele Landwirte aus ganz Österreich haben sich seither bei Doppler gemeldet: „Viele sind verzweifelt, haben ins Telefon geweint. Es sind aber nicht nur die vielen Leute, die keine Rücksicht nehmen, es ist auch die Großraubwild-Problematik und dass Bauern für ihre Arbeit nicht das verdienen, was ihnen zusteht.“
Für mich müsste jeder Besucher einer Alm schon in der Unterkunft ein Dokument unterzeichnen, dass er für sein Tun und Handeln selbst die Verantwortung übernimmt und auch für Schäden aufkommt.
Georg Doppler, Landwirt aus Waizenkirchen (OÖ)
Hunde als besonderes Reizthema
Ein großes Thema sind für Doppler Hunde: „Die haben auf Almen und Weiden nichts zu suchen. Nicht nur, dass sich Weidetiere bedroht fühlen, übertragen Hunde auch die Infektionskrankheit Neosporose, die zu Fehlgeburten und Kälbersterben führen kann.“
Trotzdem denken nur wenige Landwirte ernsthaft über das Sperren einer Alm nach: „Wenn sich die Leute diszipliniert und normal verhalten, ist Platz für jeden“, ist Almobmann Mörtl überzeugt. Und das ist gut so. Etwa für Mediziner wie Georg Lexer aus dem Kärntner Lesachtal, dem klar ist: „Unsere Almen sind die Gesundheitslandschaft der Zukunft, und wir werden sie als Erholungs- und Gesundheitsraum dringend benötigen. Deshalb müssen wir die Bauern jetzt bei der Bewirtschaftung unterstützen.“
Hannes Wallner, Kronen Zeitung
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