AUA feuert Strache-Kandidatin! Mit Conny Bischofberger spricht Christina „Kiki“ Kohl (24) über ihr freches Mundwerk, den Vorwurf des Antisemitismus, ihre Masken-Allergie und ein Tankstellen-Video, das für Empörung und einen Rücktritt sorgte.
Der Hubschrauber des Innenministeriums kreist über der City, als wir uns im Café Einstein am Wiener Rathausplatz treffen. Höchste Sicherheitsstufe wegen des Besuchs von Mike Pompeo. Und eine ungewöhnliche Geräuschkulisse für das „Krone“-Interview. Christina „Kiki“ Kohl reicht uns zur Begrüßung demonstrativ die Hand, den Ellbogen-Gruß findet sie unnötig - so wie Masken und diverse andere Empfehlungen. Sie bestellt Himbeersaft mit echten Himbeeren und spielt mit dem silbernen Engelflügerl an ihrer Halskette.
Die Nummer 17 auf Straches Kandidatenliste
„Ein Geschenk meiner verstorbenen Großmutter“, sagt sie leise, ansonsten will sie ihre Familie aus der ganzen Sache heraushalten. Sie sei etwas nervös, „alles ist sehr neu“, aber Gernot Rumpold, der PR-Berater des Team HC Strache - Allianz für Österreich, beruhigt sie. „Du machst das schon!“ Die Nummer 17 auf Straches Kandidatenliste für die Wien-Wahl verlor diese Woche wegen des Vorwurfs antisemitischer Parolen auf Corona-Demos ihren Job als Flugbegleiterin. Bei dem Wort sieht sie gleich rot. „Ich finde, Stewardess hat viel mehr Charme als diese neue, offizielle, politisch korrekte Bezeichnung.“ Und wir sind schon mitten im Thema.
„Krone“: Frau Kohl, warum wollen Sie keine „Flugbegleiterin“ sein?
Christina Kohl: Weil ich mich gegen Verbote verwehre. Warum soll „Stewardess“ altmodisch sein? Ich verstehe nicht, warum auf einmal das, was jahrzehntelang okay war, böse sein soll.
Wie groß war der Schock, als Sie von Ihrem Arbeitgeber gekündigt wurden?
Um ehrlich zu sein, war der Schock überhaupt nicht so groß, ich hatte es eigentlich schon erwartet, weil ich ja weiß, wie die AUA tickt.
1/2 Austrian Airlines ist ein international tätiges Unternehmen. Unser Kerngeschäft ist es Grenzen zu überwinden. In diesem Fall ziehen wir aber eine klare Grenze: Antisemitische Äußerungen sind unentschuldbar und mit unseren Firmenwerten nicht zu vereinbaren.
— Peter N. Thier (@Flugthier) August 13, 2020
Wie tickt die AUA?
Systemtreu. Kritische Stimmen sind nicht erwünscht. Wenn mir jetzt - komplett haltlos und nicht der Wahrheit entsprechend - Antisemitismus vorgeworfen wird, dann hat die AUA offenbar mit Österreichs Vergangenheit noch immer ein Problem. Sonst müsste man nicht so panisch reagieren.
Es gibt ein Video, auf dem Sie rufen: „Antifa muss weg! Soros muss weg! Rothschild muss weg!“ Und Freimaurer müssen auch weg. Was soll das?
Ich habe einfach meine Stimme gegen neoliberale und großkapitalistische Interessen erhoben, das sollte doch erlaubt sein. Und ich habe ja nicht nur Personen jüdischer Herkunft genannt, ich würde Rothschild und Rockefeller und Soros auch kritisieren, wenn sie keine Juden, sondern Christen, Moslems oder Buddhisten wären. Und ich habe auch Menschen anderer Herkunft, wie zum Beispiel Kurz, erwähnt.
Warum soll der Bundeskanzler weg?
Er hat eine Politik der Panik und Angstmache betrieben. „Bald wird jeder jemanden kennen, der an Corona verstorben ist“, erinnern wir uns doch. Wir brauchen keinen Staatsmann, der uns Angst eindrillt.
Sie haben mir vorhin die Hand gegeben, Sie sind auf einem anderen Video zu sehen, wo Petar Knezevic die Leute auf einer Tankstelle auffordert, ihre „Maulkörbe“ abzunehmen und Kurz beschimpft. Sind Sie eine Corona-Leugnerin?
Nein, ich bin keine Corona-Leugnerin. Ich finde das wirklich schlimm. Ich bin auch keine Antisemitin. Petar Knezevic hat die Konsequenz gezogen und ist als Kandidat unserer Liste zurückgetreten. Mir tut es leid, dass ich auch auf diesem Video zu sehen bin, aber es ist nun mal geschehen … Zu meiner Kritik an der Corona-Politik stehe ich trotzdem.
Finden Sie, dass Corona ungefährlich ist?
Nein, es ist schon gefährlich, aber nur für eine gewisse Risikogruppe. Warum hat man also nicht diese Risikogruppe von Anfang an besser geschützt?
Hätte man die älteren Menschen wegsperren sollen?
Man hätte in Altersheimen, Pflegeheimen und in Spitälern viel früher Schutzausrüstung haben müssen und an die Eigenverantwortung der älteren Menschen appellieren sollen. Sie selbst entscheiden lassen, ob sie sich dem Risiko aussetzen oder lieber vereinsamen zu Hause. Einfach über alle drüberzufahren und den Leuten die Entscheidungsfreiheit zu nehmen, das ist mir ein Dorn im Auge.
Geht es nicht auch um Solidarität?
Ja, aber die Maßnahmen im Namen dieser sogenannten Solidarität sind total überzogen! Ich möchte nicht in der neuen Normalität des Herrn Kurz leben, wo Leute Angst voreinander haben, sich gegenseitig denunzieren und Menschen, die ihre kritische Stimme erheben, sofort als Verschwörungstheoretiker und „Rechte“ abgestempelt werden. Das ist für mich keine Demokratie. Von Meinungsfreiheit ganz zu schweigen.
Sie tragen keinen Mund-Nasen-Schutz. Warum nicht?
Ich habe ein ärztliches Attest, dass ich keine Maske tragen muss. Ich hatte auch als Stewardess durch die Maske allergische Reaktionen, Kopfweh und Schwindel.
Halten Sie Maskenpflicht, zum Beispiel in Supermärkten oder in geschlossenen Räumen, nicht für sinnvoll?
Nein, halte ich nicht. Höchstens in Spitälern. Für mich sind Masken ein Symbol der Angstmache. Aber ich sage ja nicht, dass man keine Masken tragen darf. Jene, die sich schützen wollen und glauben, andere zu schützen, sollen ruhig Masken tragen. Ich bin nur gegen den Zwang. Die armen Supermarktangestellten! Das steht meiner Ansicht nach in überhaupt keiner Relation.
Gestehen Sie der Regierung auch zu, dass sie in einer außergewöhnlichen, nie dagewesenen Situation das Beste für die Bevölkerung tun wollte?
Nein. Berater haben Kurz vom Lockdown abgeraten. Er hat trotzdem das Land zugesperrt. Und danach Maßnahmen gesetzt, die komplett unlogisch waren und an die sich die Politiker selbst nicht gehalten haben - Stichwort Kleinwalsertal. Ich denke mir: Alle sind gleich, aber manche sind offenbar gleicher, auch der Bundespräsident. Stinknormale Bürger hingegen mussten irrsinnige Strafen bezahlen, weil sie auf einer Parkbank zusammengesessen sind.
Was hat die Regierung richtig gemacht?
Wenn Sie mich fragen, gar nichts.
Klingt, als wären Sie schon ganz im Politik-Modus. Als Nummer 17 werden Sie es aber trotzdem niemals in den Wiener Gemeinderat schaffen.
Warum nicht?
17 Mandate wird die Liste nicht erobern ... Wenn Strache überhaupt antreten darf.
Aber es gibt Vorzugsstimmen. Ich habe jetzt unfreiwilligerweise ein bisschen mehr Publicity, die werde ich für einen Vorzugsstimmenwahlkampf nutzen. Ich habe mir sehr hohe Ziele gesetzt. Ich will es definitiv schaffen. Wenn es nicht gelingt, kann ich immer noch auf Bezirksebene weiterarbeiten. Es muss ja nicht unbedingt der Landtag sein. Und was die Wohnsitzfrage betrifft: Ich finde es traurig, dass die Medien immer auf demselben Thema herumhacken. Wir wissen alle, er ist ein Wiener durch und durch, seit Geburt, und dass er einen Nebenwohnsitz ein paar Kilometer weiter weg hat, ist wirklich kein Verbrechen.
Was befähigt Sie dazu, Politikerin zu sein?
Meine kämpferische Natur und mein unglaublicher Gerechtigkeitssinn und mein großes Herz. Ich will mich für Gerechtigkeit und Freiheit für den kleinen Bürger einsetzen.
Und was schreckt Sie?
Was mich schreckt, sind Verleumdungen, Diffamierungen, Beschimpfungen. Ich bin wirklich schockiert und entsetzt und traurig darüber, wie man mit einer Kritikerin umgeht. Es tut auch deshalb so weh, weil ich weiß, was meine Familie deswegen durchmachen muss. Aber gerade das motiviert mich auch. Sie werden es nicht schaffen, mir den Mund zu verbieten.
Hoffen Sie insgeheim, dass die Kündigung der AUA doch nicht durchgeht?
Das Team HC Strache hat einen Arbeitsrechtler eingeschaltet. Ich hatte ein sehr gutes Gespräch mit dem AUA-Betriebsrat, ich möchte mich bedanken, dass er so fair war und mir zugehört hat. Ich bin Gewerkschaftsmitglied, insofern hoffe ich da auf Unterstützung. Aber selbst wenn ich wieder beginnen dürfte zu arbeiten, würden sie mich beim nächstmöglichen Termin kündigen. Ich hatte aber ohnehin das Gefühl, ich passe nicht mehr in den Betrieb, weil ich den Covid-Maßnahmen sehr kritisch gegenüber gestanden bin.
Hat Sie Heinz-Christian Strache vielleicht gerade deshalb in sein Team geholt?
Er schätzt, dass ich eine Corona-Kritikerin bin. Ende Mai war ich das erste Mal bei ihm im Büro und er hat mir das Angebot gemacht zu kandidieren.
Hat das Ibiza-Video Sie nicht abgeschreckt?
Nein. Natürlich war die Ibiza-Aktion keine löbliche. Aber wir kennen vier zusammengeschnittene Minuten aus einem über siebenstündigen Video, das in einer Privatvilla illegalerweise aufgenommen wurde, zu einem Zeitpunkt, wo Herr Strache nicht nüchtern war. Jeder sagt zu später Stunde einmal Sachen, die er sonst nicht sagen würde. Passagen, in denen Strache Korruption abgelehnt hat, wurden natürlich rausgeschnitten.
Glauben Sie wirklich, jeder hätte unter Alkoholeinfluss Ideen, wie Strache Sie an diesem Abend hatte?
Ja, das kann schon sein, wenn man zu viel getrunken hat.
Waren oder sind Sie Parteimitglied?
Nein, war ich nicht und meine Eltern auch nicht. Aber sagen wir so: Ich war der Politik von Herrn Strache immer schon nahe.
Sind Sie per Sie mit ihm?
Nein, ich nenne ihn HC und er mich „Kiki“.
Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?
Schwierige Frage. In einer Position, in der ich positive Veränderungen durchsetzen kann, aber auch als Mutter, definitiv. Als Mutter von drei Kindern.
Wird Ihnen das Fliegen fehlen?
Gute Frage. Mein letzter Flug war Hamburg - Wien, das war am 3. August, meine Lieblingsdestination war immer Miami ... Natürlich hätte ich mir nicht träumen lassen, dass ich damals das letzte Mal in meiner roten Uniform aus dem Flieger steigen würde.
Viel Wehmut höre ich da nicht heraus. Stimmt der Eindruck?
Erstaunlicherweise ja. Ich bin selber überrascht. Ich habe diesen Job wirklich geliebt, ich war immer stolz, AUA-Stewardess zu sein. Aber die jetzigen Zustände sind nur noch abschreckend. Es ist sehr traurig, in welche Richtung sich die AUA entwickelt.
Christina Kohl: Ex-Stewardess und Aktivistin
Geboren am 12. Juni 1996 in Wien. Christina Kohl wird Kindergartenpädagogin und macht die Matura mit ausgezeichnetem Erfolg. Danach Ausbildung zur Flugbegleiterin. Seit September 2016 arbeitet sie bei der AUA und wurde diese Woche wegen „unentschuldbarem Verhalten“ gekündigt. Heinz-Christian Strache stellte die 24-jährige Anti-Corona-Aktivistin als Nummer 17 auf seiner Kandidatenliste für die Wien-Wahl im Oktober vor.
Conny Bischofberger, Kronen Zeitung
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