Proteste halten an
Lukaschenko schickt Beamte, um zu demonstrieren
Minsk kommt nicht zur Ruhe - tagtäglich demonstrieren Tausende auf den Straßen der weißrussischen Hauptstadt gegen den „letzten Diktator Europas“, die vermutete Fälschung der jüngsten Wahl und die Gewalt gegen Demonstranten, im Rahmen derer ein Mann gestorben war. Angesichts der Massenproteste schickt nun auch Langzeit-Präsident Alexander Lukaschenko Menschen auf die Straße - die sollen für ihn demonstrieren. Medien berichteten, dass aus vielen Teilen des Landes Staatsbedienstete gedrängt würden, an solchen Demonstrationen für den Machthaber teilzunehmen.
Seit der Präsidentenwahl vor einer Woche gibt es landesweit Proteste empörter Bürger, die nicht an einen Wahlsieg Lukaschenkos glauben. Der seit 26 Jahren mit harter Hand regierende 65-jährige Lukaschenko hatte sich bei seiner inzwischen sechsten Wahl mit gut 80 Prozent der Stimmen zum Sieger erklären lassen. Seine Gegner, die im ganzen Land demonstrieren, fragen seit Tagen, wo diese 80 Prozent seien und warum niemand für Lukaschenko auf die Straße gehe. Die Kundgebung soll nun ebendieses Bild vermitteln. Journalisten des Staatsfernsehens drohten mit einer Arbeitsniederlegung.
Proteste gehen in Minsk und anderen Städten weiter
Die Opposition wiederum erwartet Zehntausende Menschen allein im Zentrum der Hauptstadt. Auch in anderen Städten sind den achten Tag in Folge neue Aktionen gegen das Lukaschenko-Regime geplant. Am Samstag waren in Minsk erneut Zehntausende Menschen auf die Straße gegangen. Einige legten Blumen an der Stelle nieder, wo vergangene Woche ein Demonstrant getötet worden war. Die Menge skandierte „Lukaschenko ist ein Mörder“ und „Verschwinde“.
Der als „letzter Diktator Europas“ kritisierte Lukaschenko zeigt sich bisher weitgehend unbeeindruckt von den Protesten. Er lehnt einen Dialog mit der Opposition oder eine Vermittlung aus dem Ausland ab. Den Sieg bei der Wahl beansprucht die 37 Jahre alte, aus Sicherheitsgründen nach Litauen ausgereiste Swetlana Tichanowskaja für sich. Ihre Unterstützer fordern einen Rücktritt Lukaschenkos, die Freilassung aller Gefangenen und Neuwahlen. Lukaschenko hatte die Demonstranten als vom Ausland manipuliert und bezahlt sowie als Menschen mit krimineller Vergangenheit und als Arbeitslose bezeichnet.
Lukaschenko verlegt Militär, bat Putin um Hilfe
Am Samstagabend ordnete der Langzeit-Präsident die Verlegung von Fallschirmjägern nach Grodno im Westen des Landes an. In der Region sei die Lage gespannt, sagte er bei einer vom Staatsfernsehen übertragenen Sitzung des Generalstabs. Lukaschenko wies zudem das Verteidigungs- und Innenministerium sowie den Geheimdienst KGB an, keine „ungesetzlichen Aktionen“ im Land zuzulassen. Konkret planten seine Gegner eine Menschenkette vom EU-Land Litauen durch Belarus in die Ukraine. Diese Solidaritätsaktion für die Proteste müsse verhindert werden.
„Ich habe keine anderen Ziele, als einen unabhängigen und stabilen Staat zu erhalten“, sagte Lukaschenko. Er hatte auch den russischen Präsidenten Wladimir Putin in einem Telefonat um Hilfe gebeten. Staatsmedien korrigierten am Samstagabend Aussagen Lukaschenkos, wonach Russland militärisch einschreiten könnte. In einer Mitteilung des Kreml zu dem Telefonat war keine Rede von irgendeiner Hilfe in der jetzigen Situation.
Die EU hatte am Freitag wegen der Polizeigewalt in Weißrussland neue Sanktionen gegen Unterstützer Lukaschenkos in die Wege geleitet. Es soll auch Strafmaßnahmen gegen Personen geben, die für eine Fälschung der Präsidentenwahl verantwortlich gemacht werden.
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