Minderjährige werden im Internet oft unfreiwillig mit Gewalt, Pornografie und sexueller Belästigung konfrontiert. Eine Analyse von „Rat auf Draht“ zeigt, dass es bei rund einem Drittel aller Beratungen zu digitalen Medien um Nacktfotos oder -videos geht. Experten verschiedener Organisationen haben daher am Dienstag bessere Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet gefordert.
„Liebe und Sexualität online ist nicht immer nur gewollt“, weiß Matthias Jax von Saferinternet.at. Doch bei vielen Kindern und Jugendlichen fehle das Bewusstsein dafür, was tatsächlich strafbar ist und wo man sich Hilfe holen könne. Dass sexuelle Gewalt im Internet ein großes Thema ist, zeigt die qualitative Analyse von 600 anonymisierten Beratungsprotokollen zum Thema digitale Medien bei „Rat auf Draht“. Demnach wurde rund ein Drittel der minderjährigen Anrufer schon einmal mit nackten Inhalten wie Penisfotos, beim Sex aufgenommene Videos oder einer Erpressung mit eigenen Nacktfotos konfrontiert.
Ein großes Problem ist dabei die Täter-Opfer-Umkehr, ist sich Marlena Koppendorfer, psychologische Betreuerin bei „Rat auf Draht“, sicher. „Wir merken, dass es immer wieder Hürden gibt, wo die Jugendlichen nicht weiterwissen“, sagt sie. Beispielsweise ist es erlaubt, sich ab 14 Jahren einvernehmlich Nacktfotos und -videos zuzusenden. Das Weiterleiten solcher Inhalte an andere Personen ist dagegen strafbar. Um Wissenslücken zu schließen und das Internet sicherer zu machen, sollen diese Hürden abgebaut werden.
„Kinderfreundlicher digitaler Raum“
„Wir möchten einen kinderfreundlichen digitalen Raum schaffen“, sagt Katrin Grabner, Kinderrechtsexpertin bei SOS-Kinderdorf. Zum einen müsse es technisch mehr Löschmöglichkeiten von Nachrichten geben. Zum anderen sollten Personen effektiver blockiert werden können und ihnen eine Neuanmeldung mit falschen Daten verwehrt werden. Auf rechtlicher Ebene brauche es mehr und wirksamere Gesetze gegen sexuelle Belästigung im Netz. „Ein reines Dickpic führt oft zu keiner Konsequenz, auch wenn es einer Zwölfjährigen geschickt wird“, so Grabner.
Lösungsmöglichkeiten aufzeigen
Darüber hinaus müsse es zu einer Bewusstseins- und Weiterbildung, unter anderem bei Eltern und Pädagogen, kommen. „In einigen Fällen ist auch die Polizei nicht hilfreich, wenn Jugendliche wieder weggeschickt werden und ihr Problem unter sich klären sollen“, sagt Koppendorfer. Besonders sinnvoll sei es in jedem Fall, mit dem Kind zu sprechen und Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Das Vermitteln von Schuldgefühlen müsse dabei aber gestoppt werden, sagt Grabner und betont: „Wir brauchen auch klare Botschaften an die Täter, dass es nicht ist okay ist, jemanden zu erpressen.“
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