Betrügerring gesprengt

Falsche Polizisten nahmen Seniorinnen Millionen ab

Wien
18.08.2020 13:18

Über Jahre hinweg haben falsche Polizisten vor allem im Großraum Wien, aber auch in anderen Gegenden Österreichs, in deutschen Großstädten und in den Beneluxstaaten ältere Frauen um ihr Erspartes erleichtert. Jetzt legten - echte - Ermittler des Wiener Landeskriminalamtes (LKA) der Bande das Handwerk. Als Haupttäter wurde ein etwa 35-jähriger türkischer Staatsbürger ausgeforscht.

Der Mann selbst ist allerdings nicht greifbar, weil er sich in seiner Heimat aufhält und daher trotz aufrechtem europäischen Haftbefehl nicht gefasst werden kann. Ende Juni wurden aber seine Mutter und seine Schwester in der Bundeshauptstadt festgenommen. Wie Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl, der stellvertretende LKA-Leiter Michael Mimra und der stellvertretende Leiter des Ermittlungsbereichs im LKA, Dietmar Berger, am Dienstag ausführten, ist seit diesen Festnahmen aber kein derartiges Delikt mehr registriert worden.

(Bild: stock.adobe.com)

Zuvor war die Bande überaus aktiv: Den Tätern wurden 200 vollendete Delikte mit einem Schaden von zumindest 4,5 Millionen Euro und dazu 500 weitere Betrugsversuche nachgewiesen. Die Polizei geht aber davon aus, dass die Dunkelziffer bedeutend höher liegt. In Einzelfällen ging es um bis zu 300.000 Euro Schaden.

Der Hauptverdächtige ist türkischer Staatsbürger, der in Wien Germanistik studiert und sich ursprünglich als Taxilenker etwas dazuverdient hatte. Dabei dürfte er den Ermittlern zufolge die Kontakte geknüpft haben, die es ihm ermöglichten, das kriminelle Business aufzuziehen.

v.l.: Michael Mimra (stv. Leiter des Landeskriminalamts Wien), Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl und Dietmar Berger (stv. Leiter des Ermittlungsdienstes) (Bild: APA/ROLAND SCHLAGER)
v.l.: Michael Mimra (stv. Leiter des Landeskriminalamts Wien), Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl und Dietmar Berger (stv. Leiter des Ermittlungsdienstes)

„Niederträchtiges“ Vorgehen
Der Modus Operandi, den Mimra als „niederträchtig“ bezeichnete, war denkbar einfach. Im Telefonbuch suchte der Haupttäter nach Frauen mit Vornamen, die auf Seniorinnen schließen ließen. Diese rief der Betrüger von seinem österreichischen Handy aus mit verfälschter Nummer an und machte ihnen weis, dass Trickbetrüger hinter ihren Ersparnissen her sind, weil die Polizei eine Liste gefunden habe, auf der der Name des Opfer stehe. Daher würden Kriminalbeamte zu den älteren Damen nach Hause kommen und deren Wertsachen zur Sicherung mitnehmen.

Der Organisator schickte dann seine Mitarbeiter, die sich mit gefälschten Ausweisen legitimierten. Diese nahmen Bargeld, Schmuck und andere Wertsachen an sich und verschwanden. Manche der Opfer merkten bzw. glaubten nicht einmal, dass sie Betrügern aufgesessen seien.

Auf Bargeld und Schmuck hatten es Kriminelle in einem Haus in Zahling im Bezirk Jennersdorf abgesehen. (Bild: stock.adobe.com)
Auf Bargeld und Schmuck hatten es Kriminelle in einem Haus in Zahling im Bezirk Jennersdorf abgesehen.

Oft Lebensersparnisse ausgehändigt
„Es sind leichte Opfer, die die Situation oft nicht mehr so gut einschätzen können“, so Pürstl. Sie hätten den Tätern alles, was sie sich das ganze Leben erspart hätten, übergeben, oft der Notgroschen für aufwendige Operationen, Senioren- oder Pflegeheime. Nicht zuletzt deshalb sei die Präventionsarbeit in solchen Fällen so wichtig, dass man den Opfern und deren Angehörigen klar mache, dass die Polizei nicht ins Haus kommt und Geld oder Schmuck mitnimmt und dass sie Menschen auch nicht auf die Bank begleitet.

Zu der nun zerschlagenen Bande liefen die Erhebungen seit 2018. Dabei sei man auf eine aus Serbien stammende Familie gestoßen, welche die Beute aus den Betrügereien für den Hauptverdächtigen bunkerte. Seine Schwester und seine Mutter seien immer wieder nach Wien gekommen, um nach dem Rechten zu sehen und die Beute zum Organisator zu transferieren. Entweder wurde das Geld elektronisch überwiesen oder Schwester und Mutter transportieren Barwerte am Körper.

(Bild: LPD (Symbolbild))

Als die Ermittler erfuhren, dass Mutter und Schwester Ende Juni wieder in Wien erwartet wurden, legten sie sich auf die Lauer. Am 30. Juni wurden die beiden an einer Privatadresse in der Bundeshauptstadt festgenommen. Auch die serbische Familie wurde in Gewahrsam genommen, nachdem bereits zuvor insgesamt zwölf mutmaßliche Bandenmitglieder erwischt worden waren. Ein Mitläufer der Bande wurde bereits zu sieben Jahren Haft in Wien verurteilt. Die festgenommenen Verdächtigen sind 15 bis 62 Jahre alt.

Erst kürzlich weitere Durchsuchung
Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen: Erst Dienstagfrüh gab es wieder Hausdurchsuchungen, bei denen vier hochpreisige Autos, ein Motorroller, 85.000 Euro in bar sowie vier hochpreisige Uhren beschlagnahmt wurden. Allerdings hat die - echte - Polizei für die Opfer keine gute Nachricht. Ihre Ersparnisse sind in der Regel unwiederbringlich verloren. Zu den Vorwürfen gegen sie äußerten sich die Verdächtigen nicht.

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