Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) wird den Ibiza-U-Ausschuss als erster Zeuge im Herbst eröffnen. Im „Krone“-Interview spricht er darüber, was ihn irritiert, warum er dennoch kein Problem damit hat und warum er nicht daran denkt, als Vorsitzender abzudanken. Und darüber, wer sich noch in den Spiegel schauen kann.
„Krone“: Am 9. September geht der Ibiza-U-Ausschuss weiter, mit Ihnen als erster Auskunftsperson. Sie sind der erste Vorsitzende, der auch am Zeugenstuhl Platz nehmen muss. Wie können Sie da weiter Vorsitzender bleiben?
Wolfgang Sobotka: Alles ist irgendwann das erste Mal. Lange bevor der U-Ausschuss überhaupt begonnen hat, wurde versucht, den Ausschuss und meine Person in die Kritik zu nehmen. Ich bin da vollkommen emotionslos. Vielleicht irritiert das manche, dass ich als Vorsitzender sehr stark auf die Einhaltung des rechtlichen Rahmens dränge. Wir tun dem U-Ausschuss nichts Gutes, wenn wir das überemotionalisieren, ich hoffe, dass sich die Gemüter über den Sommer etwas beruhigt haben. Denn die Aufgeregtheit bringt bei der Suche nach den politischen Verantwortlichkeiten nichts zutage. Man gewinnt manchmal den Eindruck, dass der Fokus dadurch verloren geht, es dreht sich immer noch um den Ibiza-U-Ausschuss und die Aussagen, die Strache und Gudenus dort getätigt haben.
Nun ja, der Ausschuss heißt offiziell „Untersuchungsausschuss betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung“. Aber zurück zu Ihrer Funktion: Politische Beobachter meinten bereits im Vorfeld, dass Sie den Vorsitz abgeben müssen, wenn Sie Auskunftsperson sind.
Na, selbstverständlich, ich kann ja nicht beides gleichzeitig machen. Daher haben wir ein gutes System, Doris Bures wird an diesem Tag den Vorsitz führen.
Es geht ja aber nicht um die Zeitspanne der Befragung, sondern um ein generelles Zurücklegen des Vorsitzes.
Da muss man sich schon den Grund anschauen. Erstens ist der Vorsitz gesetzlich geregelt, zweitens ist eine Auskunftsperson weder Beklagter noch Beschuldigter. Was ich weiß, werde ich dokumentieren. Ich habe auch nichts dagegen, auszusagen, ich stehe dem Ausschuss und den Abgeordneten gern zur Verfügung.
Es ist ja aber auch nicht so, dass Sie gar nicht in die Causa involviert sind ...
Nein, ich bin mit ganz großer Sicherheit nicht in die Causa involviert.
Das Alois-Mock-Institut, dessen Initiator und Präsident Sie sind, hat von der Novomatic Geld bekommen.
Aber nie geheim, nie verschleiert. Es gibt in der Politik keine Person, die nicht in irgendeiner Form mit Entscheidungsträgern aus der Wirtschaft Kontakt hatte.
Wen meinen Sie damit?
Nicht nur die Novomatic, es gibt ja viele Bereiche und Interessensvertretungen, die ihren Einfluss bei der Gesetzgebung geltend machen wollen. Da muss man sauber trennen: Ist es aufgrund einer Spende zu einer Veränderung im Gesetz gekommen? Ich hatte nachweislich in dieser Periode keine Regierungsfunktion, ich habe nachweislich immer alles klargelegt, insbesondere mit Novomatic. Es ist grotesk anzunehmen, dass das Alois-Mock-Institut ein Inserat als Gegenleistung bekommen hat. Da bin ich echt irritiert.
Der Ausschuss hat das Ibiza-Video immer noch nicht, dauert das nicht schon ein bisschen zu lange?
Ich kann nur an die Justizministerin appellieren. Sie sagt, sie kann nur das hergeben, was für den Ausschuss relevant ist. Dass es so lange dauert, verstehe ich nicht.
Ein Nationalratspräsident sollte auch so etwas wie eine demokratische und moralische Instanz sein. Was sagen Sie zur AUA, die 450 Millionen Euro Staatshilfen erhalten hat, dazu das staatlich geförderte Kurzarbeitsmodell, und jetzt 2,9 Millionen Euro Boni an Manager ausgezahlt hat?
Unverständlich, unmoralisch und auch nicht gerechtfertigt. Es mögen zwar rechtliche Bedingungen dafür da sein, aber nicht alles, was rechtlich möglich ist, ist auch moralisch in Ordnung.
Die AUA steht mit dieser Praktik nicht allein da, Novomatic-Eigentümer Johann Graf hat sich eine saftige Dividende gegönnt - trotz Kurzarbeit. Und bei Swarovski ortet die Gewerkschaft wegen der Kündigungswelle Missbrauch bei der Kurzarbeit.
Wenn Sie mich fragen, ich könnte das nicht annehmen, wenn ich weiß, dass das Gehalt meiner Mitarbeiter gekürzt wird. Wie kann man sich da denn noch in den Spiegel schauen?
Doris Vettermann, Kronen Zeitung
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