„Verurteilen Gewalt“

EU erkennt Weißrusslands Wahlergebnis nicht an

Ausland
19.08.2020 16:25

Nach einem rund dreistündigen EU-Sondergipfel hat Deutschlands Kanzlerin Merkel am Mittwoch erklärt, dass die Abstimmung in Weißrussland weder fair noch frei gewesen sei. Die 27 Mitgliedsstaaten werden deshalb das Ergebnis nicht anerkennen - zudem kündigte Ratspräsident Charles Michel Sanktionen gegen das Land an. Außerdem soll die Demokratiebewegung finanziell unterstützt werden. Während die Proteste noch immer anhalten, ist ein weiterer Demonstrant seinen Verletzungen erlegen. Medien zufolge soll Machthaber Alexander Lukaschenko die Auflösung der Proteste angeordnet haben.

Die äußerst umstrittene Präsidentschaftswahl in Weißrussland schlägt weiter Wellen. Nach rund dreistündigen Beratungen mit ihren Kollegen verkündete Merkel, dass die EU das Ergebnis nicht anerkennen werde. Es gebe keinen Zweifel, dass es massive Regelverstöße bei der Wahl gegeben habe, erklärte Deutschlands Kanzlerin.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel betonte, dass sich die EU-Staaten klar auf die Seite der Demonstranten stellen. (Bild: AFP/Michael Sohn)
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel betonte, dass sich die EU-Staaten klar auf die Seite der Demonstranten stellen.

„Wir verurteilen die brutale Gewalt gegen Menschen“, so Merkel. Alle Gefangenen müssten bedingungslos freigelassen werden. Zudem setze man sich - wie von der Opposition gefordert - für einen nationalen Dialog ein.

EU-Ratspräsident Charles Michel (Bild: AFP/Olivier Hoslet)
EU-Ratspräsident Charles Michel

Michel kündigt Sanktionen an
Nach Aussage des Ratspräsidenten Charles Michel werde die Europäische Union in Kürze auch Sanktionen gegen Weißrussland verhängen. Die Strafmaßnahmen sollten die Personen treffen, die für den Betrug bei der Präsidentschaftswahl und das Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten verantwortlich seien, so Michel. Es handle sich dabei um eine „substanzielle Zahl“ an Personen.

Finanzielle Unterstützung für Demokratiebewegung
Trotz Warnungen aus Moskau kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine finanzielle Unterstützung von Anhängern der Demokratiebewegung an. Insgesamt drei Millionen Euro sollen für die Opfer von Repressionen und nicht hinnehmbarer Staatsgewalt sowie für die Unterstützung der Zivilgesellschaft und unabhängiger Medien bereitgestellt werden.

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte im Vorfeld des Gipfels mehrfach telefonisch interveniert, sich nicht „von außen in innere Angelegenheiten der Republik (Weißrussland) einzumischen“. Er sprach davon, dass die Lage dadurch weiter eskalieren könnte.

Kurz will Russland in Dialog einbinden
Auch Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) verurteilte die Gewalt. Diese sei „absolut inakzeptabel“. Kurz bekräftigte weiters die Forderung, dass es schon bald freie und faire Neuwahlen geben solle - in den Dialog mit den Staaten soll auch Russland mit eingebunden werden.

Weiterer Demonstrant verstorben
Indessen hat es im Zuge der Massenproteste ein weiteres Todesopfer gegeben. Ein 43-jähriger Demonstrant ist am Mittwoch in einem Militärkrankenhaus seinen schweren Verletzungen erlegen, teilte das Gesundheitsministerium in Minsk mit. Der Mann war bei einer Demonstration vor einer Woche in der Stadt Brest schwer verletzt worden, als Sicherheitskräfte mit scharfer Munition gegen die Proteste vorgegangen sind.

Bei den seit mehr als einer Woche andauernden Demonstrationen sind bisher mindestens drei Menschen ums Leben gekommen. Bereits am Wochenende nahmen Tausende Menschen bei Trauerfeiern Abschied von zwei Demonstranten.

Anweisung zu Protestbeendigung
Präsident Lukaschenko hat einem Medienbericht zufolge das Innenministerium angewiesen, die regierungskritischen Proteste in Minsk zu beenden. Außerdem sollen die Geheimdienste weiter nach den Organisatoren der jüngsten Demonstrationen gegen Lukaschenkos umstrittene Wiederwahl suchen, meldete die Nachrichtenagentur Belta am Mittwoch.

Europas „letzter Diktator“ Alexander Lukaschenko gerät aufgrund von angeblichen Wahlmanipulationen zunehmend unter Druck. (Bild: AP/Dmitri Lovetsky)
Europas „letzter Diktator“ Alexander Lukaschenko gerät aufgrund von angeblichen Wahlmanipulationen zunehmend unter Druck.

Zudem sei eine Verstärkung des Grenzschutzes angeordnet worden, um ein Einsickern von „Kämpfern und Waffen“ zu verhindern. Lukaschenko habe weiter erklärt, dass die in den Streik getretenen Staatsbediensteten nicht an ihre Arbeitsplätze zurückkehren dürften. Wie die Wahlkommission am Mittwoch bekannt gab, soll Lukaschenko binnen zwei Monaten vereidigt werden.

Militärpräsenz an Grenzen erhöht
Einer Agenturmeldung zufolge soll das weißrussische Verteidigungsministerium die Militärpräsenz an den Grenzen nach Litauen und Polen erhöht haben. Die beiden Länder sind NATO-Mitglieder und haben die längsten gemeinsamen Grenzen mit Weißrussland. Die westliche Militärallianz hatte nach der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim Soldaten in der Region stationiert, die als Stolperdraht im Falle einer russischen Intervention dienen sollen.

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