1300 Euro will Samsung für sein neues High-End-Smartphone Galaxy Note 20 Ultra in der getesteten 256-Gigabyte-Variante, 1400 Euro für die 512-Gigabyte-Version. Ein unvernünftiger Preis für ein Gerät, das die meisten Menschen höchstens drei Jahre nutzen. Und einer, der bei Interessenten wohl die Frage aufwerfen wird, ob Samsungs neues Stift-Smartphone eine derart große Investition überhaupt wert ist. Wir haben es getestet.
Für manch einen sicher: Samsungs Note-Reihe bietet als einziges Android-Flaggschiff eines großen Herstellers einen im Gehäuse versenkbaren Eingabestift für Notizen und Kritzeleien. Wer das mag, kommt am Galaxy Note nicht vorbei - und wird wohl auch bereit sein, tiefer in die Tasche zu greifen als bei einem Gerät ohne Stiftbedienung.
Zumal Samsung heuer ganz neue Verlockungen im Zusammenspiel mit einem Windows-PC verspricht - dazu später mehr.
Die Spezifikationen des Note 20 Ultra und des schwächeren Note 20:
| Galaxy Note 20 | Galaxy Note 20 Ultra |
Display | 6,7 Zoll OLED HDR: | 6,9 Zoll OLED HDR: |
Kamera (hinten) | 12 MP (F/1.8): Phase-Detection-Autofokus (PDAF), OIS | 108 MP (F/1.8): PDAF, Laser-Autofokus, OIS |
Kamera (vorne) | 10 MP (F/2.2) | 10 MP (F/2.2) |
Abmessungen | 161,6 x 75,2 x 8,3 Millimeter; 192 Gramm | 164,8 x 77,2 x 8,1 Millimeter; 208 Gramm |
Prozessor | Samsung Exynos 990: | Samsung Exynos 990: |
RAM | 8 GB | 12 GB |
Speicher | 256 GB | 256 - 512 GB |
microSD-Slot | nicht vorhanden! | bis 1 TB (shared) |
Akku | 4300 mAh (lädt via USB-C) | 4500 mAh (lädt via USB-C) |
Funk | 5G (gegen Aufpreis), LTE, .ax-WLAN, Bluetooth 5.0, NFC, GPS, GLONASS, BeiDou, Galileo | 5G, LTE, .ax-WLAN, Bluetooth 5.0, NFC, GPS, GLONASS, BeiDou, Galileo |
Extras | Eingabestift | Eingabestift |
Software | Android 10 | Android 10 |
Preis | 950 - 1050 Euro (UVP) | 1300 - 1400 Euro (UVP) |
Die Tabelle zeigt: Zwischen dem „günstigen“ Note 20 um 950 und der Ultra-Variante gibt es vor allem bei Funkausstattung, Akku, Display, RAM und Kamera Unterschiede. Wir sehen uns hier das Ultra-Modell näher an.
Exzellentes Display mit unnötiger Krümmung
Zunächst zum fast die ganze Gerätefront ausfüllenden Display mit Frontkamera-Loch: Hier liefert Samsung gewohnt gute Qualität ab, das OLED-Display besticht mit hoher Schärfe, hinreichend Helligkeit für den Außeneinsatz, viel Kontrast und satten Farben. Auch die seitliche Ablesbarkeit passt, HDR und der - vor allem für Spieler interessante und dem Akku zuliebe nur bei Bedarf automatisch zugeschaltete - 120-Hertz-Modus sind ein netter Bonus.
So gut das Display als solches ist, so unpraktisch finden wir beim Ultra-Modell die Krümmung an der Gerätekante. Die bringt in der Praxis keinen Vorteil, schadet dem Handling des mit seiner Glasrückseite ohnedies recht rutschigen Geräts aber und sorgt bei genauer Betrachtung an der linken und rechten Displaykante für unschöne Schatten. Da gefällt uns das plane Display des günstigeren Note-Modells besser.
Genug Arbeitstempo trotz Zweite-Wahl-CPU
Am Arbeitstempo gibt es nichts auszusetzen: Der Achtkern-Chip aus Samsung-Fertigung sorgte im Test für ein flottes Android-Bedienerlebnis, Multi-Tasking klappt mit zwölf Gigabyte RAM reibungslos und auch für 3D-Spiele wird genug Leistung geboten. Manche Nutzer könnten sich allerdings daran stören, dass Samsung das Note 20 in Europa mit Exynos-Prozessor verkauft, während in Amerika und Asien eine Version mit dem noch flotteren Qualcomm-Chip Snapdragon 865 angeboten wird.
Konkret schafft Samsungs Exynos-Chip im Benchmark-Belastungstest AnTuTu rund 530.000 Punkte, während Geräte mit Snapdragon-Prozessor noch einmal bis zu 70.000 Punkte mehr erzielen. In der täglichen Praxis werden die meisten User den Unterschied nicht bemerken, angesichts des Preises wird manch einer aber nicht verstehen, wieso das teure Gerät in Europa mit einem langsameren Prozessor angeboten wird.
Starkes 108-Megapixel-Kamerasystem
Bei der - eine Hülle ist damit Pflicht - stark aus dem Gehäuse hervorstehenden Kamera schickt Samsung ein ähnliches System wie beim Galaxy S20 Ultra ins Rennen: Es klotzt mit 108-Megapixel-Hauptsensor, Weitwinkel- und Periskop-Zoomoptik, diesmal ohne Hundertfach-Zoom-Werbeschmäh. Bei Faktor 50 ist Schluss und das ist gut so, immerhin werden Fotos bei diesem Zoomfaktor noch halbwegs scharf und auch die Bildstabilisierung beim Fotografieren funktioniert besser. Gut werden die Ergebnisse je nach Lichtbedingungen bis etwa Zoomfaktor 30, Faktor 100 beim Galaxy S20 Ultra war in der Praxis unbrauchbar.
Insgesamt liefert die Kamera des Galaxy Note 20 Ultra im Alltag die gleichen exzellenten Ergebnisse, die schon das Galaxy S20 Ultra lieferte - mit Detailverbesserungen wie einem nun flotteren und zuverlässigeren Autofokus. Durch die hochauflösende Primär- und die in gewissen Situationen praktischen Zoom- und Weitwinkelkameras hat man als Nutzer ein flexibles und bei schlechtem wie gutem Licht taugliches Setup in Händen, das die Kompaktkamera ersetzt und mehr kann, als die meisten Smartphone-Nutzer brauchen. Oder hätten Sie ein Wiedergabegerät für die 8K-Videos parat, die ein Note 20 Ultra machen kann?
5G derzeit nur lukrativer Werbeschmäh
Überhaupt ist das Galaxy Note 20 Ultra in einigen Details die Antwort auf Fragen, die noch kaum jemand stellt. Etwa beim 5G-Mobilfunk, für den es momentan noch am flächendeckenden Netz und erschwinglichen Tarifen mangelt: 75 bis 100 Euro im Monat verlangt etwa A1 für seine 5G-Tarife - ohne Smartphone, versteht sich. Bei T-Mobile legt man für 5G-Tarife 60 bis 80 Euro im Monat hin - auch hier ohne Handy.
Bis dieses Preisniveau in erschwingliche Regionen sinkt und das Netz vernünftig ausgebaut ist, werden wohl noch Jahre vergehen. Andererseits: Wer 1300 Euro und mehr für ein Smartphone auslegen will, dem tut vielleicht auch der 100-Euro-5G-Tarif dazu nicht mehr weh ...
Eingabestift verbessert, App mit PDF-Support
Die ganz große Besonderheit bei Samsungs Galaxy-Note-Reihe ist seit jeher ihr im Chassis versenkbarer Eingabestift. Der ist beim Note 20 Ultra - diesmal links statt rechts platziert - natürlich ebenfalls wieder an Bord und wurde sinnvoll verbessert. Im Vergleich zu früheren Note-Modellen erwies sich die Stiftbedienung beim neuen Gerät als flüssiger, was mit einer Reduktion der Eingabe-Reaktionszeit erreicht wurde. Für Screenshots mit gekritzelten Kommentaren oder kurze Notizen ist man also gut gerüstet.
Über die Ergonomie eines so kleinen Stylus lässt es sich natürlich streiten, nicht jeder kommt damit zurecht. Und auch ans Schreibgefühl auf Glas muss man sich gewöhnen. Seine Notiz-App hat Samsung überarbeitet und ihr unter anderem PDF-Unterstützung, Notizen mit mehreren Seiten und Sprachaufnahmen spendiert. Die Sync-Möglichkeiten mit Microsoft OneNote wurden erweitert, im Vergleich mit Notiz-Software wie OneNote oder Evernote könnten aber vor allem die Möglichkeiten zum Organisieren und Sortieren umfangreicher sein.
Interessante PC-Integration mit Microsoft
Überhaupt, die Synchronisierungsmöglichkeiten: Hier will Samsung durch eine Kooperation mit Microsoft das bislang am besten mit Windows-PCs verzahnte Android-Smartphone überhaupt geschaffen haben.
So kann man über die „Ihr Smartphone“-Anwendung von Windows, verknüpft mit der „Begleiter für Ihr Smartphone“-App am Handy, nicht nur wie bei anderen Android-Geräten auf SMS, Fotos und Dateien am Note 20 zugreifen, sondern sogar Smartphone-Apps in Fensteransicht auf den PC streamen oder am PC telefonieren. Für manch einen Nutzer sicher praktisch, manch einer wird aber kritisch sehen, dass es für diese Funktion zwingend ein Microsoft-Konto braucht.
Wertig verarbeitet, leider kein Klinkenanschluss
Die Verarbeitung gefällt: Die matte Glasrückseite fühlt sich wertig an, ohne ein Fingerabdruckmagnet zu sein, der Metallrahmen unterstreicht den edlen Eindruck, vor Wasser und Staub ist das Gerät mit IP68-Zertifizierung auch gut geschützt. Die abgerundeten Display-Ränder und die Glasrückseite des 6,9-Zoll-Smartphones schaden aber dem Handling.
Der Fingerscanner im Display arbeitete im Test zuverlässig, die Stereo-Speaker klingen sauber. Der microSD-Slot zur Speichererweiterung sei positiv hervorgehoben, das Fehlen einer 3,5-Millimeter-Klinke weniger: Wer Kopfhörer mit Kabel verwenden will, braucht dafür eine USB-C-Adapter und kann das Handy nicht laden, während Musik abgespielt wird.
Ausreichend ausdauernder Akku
Der 4500-mAh-Akku wird bei den meisten Nutzern für einen, bei weniger intensiver Nutzung durchaus auch für zwei Tage Betrieb reichen. Zwischenladen müssen am ehesten Gamer: Prozessorhungrige Spiele zuzeln den Akku auch in weniger als einem Tag leer. Hätte man das Gerät etwas dicker gebaut, wäre hier noch etwas mehr drin gewesen - und die Kamera vielleicht nicht so weit hervorgestanden. Das Aufladen funktioniert mit entsprechendem Netzteil sehr schnell: Bei uns war das fast leere Note 20 Ultra über USB-C in weniger als zwei Stunden wieder vollgeladen.
Software mit erfreulich wenig Bloatware
Noch ein Wort zur Software: Samsung installiert am Note 20 Ultra Android 10 mit der hauseigenen Oberfläche, die in mancherlei Hinsicht von den Android-Konventionen abweicht und etwa „Zurück“- und „Task-Manager“-Taste vertauscht. Bloatware hält sich in Grenzen: Das Note 20 Ultra beherbergt neben diversen Samsung-Applikationen die üblichen Google-Dreingaben, die Rivale Huawei derzeit fehlen, außerdem räumen die Koreaner Microsoft-Diensten viel Raum auf dem Gerät ein. Wer die nicht will, kann sie aber deinstallieren.
Fazit: Mit seinem verfeinerten Eingabestift hat Samsungs Galaxy Note 20 Ultra ein Alleinstellungsmerkmal, für das allein manch ein Kunde wohl einen Aufpreis hinlegen würde. Die übrige Hardware - vor allem Display und Kamera - gehört zum Besten, was der Markt derzeit hergibt, mit der interessanten Windows-Integration lockt man zudem PC-Arbeiter. Der enorm hohe Preis wird aber viele Interessenten abschrecken und zu günstigeren Alternativen treiben - zumal manch Verlockung des Note 20 Ultra, etwa der 5G-Funk oder 8K-Videos, dem Nutzer schlicht noch nichts bringt.
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