Nationalbank-Chef:

Commerzialbank „30 Jahre langes Pyramidenspiel“

Wirtschaft
22.08.2020 09:00

Wie kann so etwas wie bei der Commerzialbank in Mattersburg passieren? Eine Frage, die Nationalbank-Gouverneur Robert Holzmann nicht zum ersten Mal gestellt bekommt, der er aber auch nicht ausweicht: „Das ist ein Kriminalfall, bei dem mit höchster Energie und Finesse ein internes Pyramidenspiel geschaffen wurde, das 30 Jahre gelaufen ist. Der Fehler war, dass die Wirtschaftsprüfer in überzeugender Weise getäuscht wurden. Nicht nur die Bankbestätigungen wurden gefälscht, auch die Poststempel hat man entsprechend geliefert.“

Nichts gesehen, nichts gemerkt? Holzmann: „Prüfer der Nationalbank haben schon früher einmal aufgezeigt, dass der dortige Vorstand geschummelt hatte: Er hat behauptet, dass ein Betrag Eigenkapital sei, dieses Geld ist aber sofort wieder als Darlehen zurückgegeben worden. Das ist kriminell.“ Und? „Wir haben das der Staatsanwaltschaft Eisenstadt gemeldet, es ist dann aber von dort nicht weiterverfolgt worden.“ Schon seit 2015 habe es ja Vermutungen gegeben, auch ein Whistleblower sei hilfreich gewesen, auch wenn die Zahlen nicht genau waren.

Die Masseverwalter der Commerzialbank Mattersburg sind der Spur des Geldes gefolgt. (Bild: P. Huber)
Die Masseverwalter der Commerzialbank Mattersburg sind der Spur des Geldes gefolgt.

„Das Böse ist immer und überall“
Die Zusammenarbeit mit der Finanzmarktaufsicht (FMA) habe gut funktioniert, die Prüfungskette sehe für jeden eine bestimmte Aufgabe vor – jene der Nationalbank sei es nicht, die Wirtschaftsprüfer zu prüfen. Bei der Commerzialbank handle es sich um einen höchst speziellen Kriminalfall, ganz nach dem Song der Ersten Allgemeinen Verunsicherung: „Das Böse ist immer und überall.“

Holzmann: „Bei der Autobank, die jetzt näher angeschaut wird, ist das ganz anders, da ist die Frage, ob ein Geschäftsmodell noch tragfähig ist, daher gibt es dort jetzt eine Art Aufpasser.“

Bei der Servicestelle der Einlagensicherung (ESA) in Zemendorf herrschte reger Andrang. Im Bilanzskandal laufen die Auszahlungen durch die Einlagensicherung. (Bild: APA/THERESA PUCHEGGER)
Bei der Servicestelle der Einlagensicherung (ESA) in Zemendorf herrschte reger Andrang. Im Bilanzskandal laufen die Auszahlungen durch die Einlagensicherung.

Die Einlagensicherung habe bei der Commerzialbank-Pleite ausgezeichnet funktioniert, bis 100.000 Euro ist den Sparern ihr Geld flott zurückgezahlt worden.

Eine Art Selbstbehalt für „gierige Sparer“, die für höhere Sparbuchzinsen bewusst zu finanzschwachen Kleinbanken gehen, könnte sich Holzmann aber schon vorstellen: „Nicht für alle Sparer, sondern nur für jene, die gezielt ein hohes Risiko für eine bessere Verzinsung eingegangen sind.“ Aber dies sei eine politische Entscheidung.

Bankensystem in Österreich „eines der sichersten weltweit“
Was die Frage aufwirft: Wie sicher ist unser Bankensystem? Da wird Holzmann energisch: „Absolut sicher. Das ist auch die Einschätzung des Währungsfonds samt unserem guten Rating. Unser Bankensystem ist eines der sichersten in Europa und sogar eines der sichersten weltweit.“

(Bild: ©OSORIOartist - stock.adobe.com)

Bargeld krisensicher
Klingt ja alles schön, aber wird Geld nicht immer mehr elektronisch eingesetzt, gilt Bargeld schon als altmodisch? Holzmann: „Wir kämpfen für den Weiterbestand des Bargeldes – und den wird es auch geben. Dafür gibt es mehrere Gründe: Gerade die Ärmsten verwenden Bargeld, es ist eine Form von Freiheit und Sicherheit: Stellen Sie sich vor, dass es einen wochenlangen Stromausfall gibt und elektronisch nichts mehr im Finanzwesen funktioniert. Das wäre eine Katastrophe. Und in jeder Krise ist Bargeld bekanntlich besonders gefragt.“

Für die Konjunktur ist der Nationalbank-Gouverneur vorsichtig optimistisch. Dass er vor einem Jahr diese Position übernommen hat, bereut er nicht: „Nach turbulentem Start ist alles im Lot. Ich wüsste keine schönere Aufgabe. Und jede Krise ist ja auch eine Chance.“

Georg Wailand, Kronen Zeitung

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