Gift-Zwist mit Berlin

Nawalny-Diagnose: Kreml „versteht die Eile nicht“

Ausland
25.08.2020 15:00

Im Fall des mutmaßlich vergifteten russischen Oppositionellen Alexej Nawalny hat der Kreml Verwunderung über die deutsche „Eile“ bei der Gift-Diagnose geäußert. Die russischen und die deutschen Ärzte seien bei ihren Untersuchungen zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen gekommen, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Dienstag. „Wir verstehen diese Eile der deutschen Kollegen nicht.“

Die Berliner Klinik Charité, wo der prominente Kritiker von Präsident Wladimir Putin behandelt wird, hatte am Montag erklärt, ihre bisherigen Befunde deuteten auf eine Vergiftung hin. „Diese Version war eine der ersten, die unsere Ärzte in Betracht gezogen haben“, so Peskow nun. Um welche Substanz es sich handle, sei aber noch unklar.

Nur keine Hektik: Kreml-Sprecher Peskow (Bild: ASSOCIATED PRESS)
Nur keine Hektik: Kreml-Sprecher Peskow

Merkel und Maas machen Druck
Forderungen von Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Heiko Maas, wonach die russischen Behörden den Vorfall untersuchen sollten, wies der Sprecher zurück. Erst wenn die Berliner Klinik festgestellt habe, welche Substanz für die Erkrankung verantwortlich sei, und es sich um eine Vergiftung handle, gebe es einen Grund, Ermittlungen einzuleiten. Derzeit wisse man nur, dass Nawalny im Koma liege.

Kanzlerin Merkel, Außenminister Maas (Bild: APA/AFP/ODD ANDERSEN)
Kanzlerin Merkel, Außenminister Maas

Der russische Oppositionelle wird seit Samstag in Berlin behandelt. Ärzte gehen nach einer Auswertung von klinischen Befunden davon aus, dass Nawalny vergiftet wurde. Der Regierungskritiker liegt bereits seit Donnerstag im Koma. Zunächst wurde er in einem Krankenhaus in Sibirien versorgt, dann kam er auf Drängen seiner Familie und seines Teams mit einem Spezialflugzeug nach Deutschland.

Kämpft um sein Leben: Alexej Nawalny (Archivbild) (Bild: AFP)
Kämpft um sein Leben: Alexej Nawalny (Archivbild)

Vergiftung oder doch „Stoffwechselstörung“?
Nach Angaben der Charité deuten die ersten Untersuchungen auf eine Substanz aus der Wirkstoffgruppe der Cholinesterase-Hemmer hin. Laut dem Krankenhaus wurde die Wirkung des Giftstoffes mehrfach in unabhängigen Laboren nachgewiesen. Vor Nawalnys Verlegung nach Berlin hatten die russischen Ärzte erklärt, es sei kein Gift im Körper des Patienten gefunden worden. Wahrscheinlicher sei „eine Stoffwechselstörung“, möglicherweise verursacht durch einen „starken Abfall des Blutzuckerspiegels“.

(Bild: AP)

Kreml: Keine Ungereimtheiten zwischen russischer und deutscher Analyse
Laut Peskow „stimmt die medizinische Analyse der deutschen Ärzte absolut mit unserer überein, aber die Schlussfolgerungen sind unterschiedlich“. Im Hinblick auf die Mitteilung der Charité vom Vortag sagte der Kreml-Sprecher: „Wir haben nichts Neues erfahren.“ Russische Ärzte seien aber bereit, den Ärzten in Berlin Proben der ersten Analyse zur Verfügung zu stellen.

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