Die Polizeigewalt an Jacob Blake löst in den Vereinigten Staaten die nächste historische Reaktion nach der Causa George Floyd aus. Eine bisher nie dagewesene Sport-Protestwelle rollt über die USA. Baseball, Fußball und allen voran Basketball stehen still. Und, zur Überraschung vieler, auch Tennis. Und die Wut der Stars entlädt sich vor allem gegen Präsident Donald Trump. Auch die Politik schaltet sich ein.
Dieser Tag wird den meisten US-Amerikanern noch lange in Erinnerung bleiben. Es ist der Tag, an dem die Milwaukee Bucks am Nachmittag entscheiden, nicht gegen die Orlando Magic im Playoff der NBA anzutreten („Wie wär‘s, wenn wir einfach nicht spielen würden?“), um damit für Jacob Blake und gegen Polizeigewalt zu protestieren - der 29-jährige Afroamerikaner wurde mit sieben Schüssen in Kenosha (Wisconsin) lebensgefährlich verletzt. Im Fahrzeug von Blake sollen die Polizisten ein Messer gefunden haben. Die Bucks lasen diese Stellungnahme vor:
Sterling Brown (Bucks-Forward): „Die vergangenen vier Monate haben ein Licht auf die anhaltenden rassistischen Ungerechtigkeiten geworfen, denen unsere afroamerikanischen Gemeinschaften ausgesetzt sind. Bürger im ganzen Land haben ihre Stimmen und Plattformen genutzt, um sich gegen diese Missetaten auszusprechen. In den letzten Tagen haben wir aus unserem Heimatstaat Wisconsin ein schreckliches Video gesehen, in dem Jacob Blake sieben Mal von einem Polizisten in Kenosha in den Rücken geschossen wurde, und weitere Schüsse auf Demonstranten. Trotz des überwältigenden Plädoyers für Veränderungen gab es keine Maßnahmen. Daher können wir unseren Fokus nicht auf den Basketball richten.“
George Hill (Bucks-Guard): „Wenn wir das Spielfeld betreten und Milwaukee und Wisconsin repräsentieren, wird von uns erwartet, dass wir auf hohem Niveau spielen, unser Bestes geben und uns gegenseitig zur Rechenschaft ziehen. Wir halten uns an diesen Standard und fordern deshalb jetzt dasselbe von unserem Gesetzgeber und unseren Strafverfolgungsbehörden. Wir fordern Gerechtigkeit für Jacob Blake und verlangen, dass die Beamten zur Rechenschaft gezogen werden. Damit dies geschieht, muss der Gesetzgeber des Bundesstaates Wisconsin nach Monaten der Untätigkeit endlich zur Tat schreiten und sinnvolle Maßnahmen ergreifen, um Probleme wie polizeiliche Rechenschaftspflicht, Brutalität und Strafrechtsreform anzugehen. Wir ermutigen alle Bürger, besonnen zu bleiben, friedliche und verantwortungsvolle Handlungen zu setzen und daran zu denken, am 3. November zur (Präsidenten-)Wahl zu gehen. “
Entscheidung macht Schule
Eine Entscheidung der Bucks, die Schule macht. Denn obwohl das Team von Orlando Magic sich zum Spiel in der Halle präsentiert, bleibt ihnen nichts anderes übrig, als zur Kenntnis zu nehmen, dass der Gegner nicht da ist. Und die Magic legen keinen Protest ein, sie sehen, dass der Protest schnell auf die ganze NBA überschwappt. Und auf die Frauen-Basketball-Liga WNBA.
Das Epizentrum der Sport-Proteste ist diesmal eindeutig Milwaukee, eine Stadt unweit vom Tatort. Dort schließt sich auch der Baseball an, mit der MLB-Mannschaft Milwaukee Brewers, die um die Verschiebung des Spiels gegen die Cincinnati Reds bittet. Auch bei den Partien Mariners - Padres (San Diego) und Dodgers - Giants (Los Angeles) weigern sich die Protagonisten anzutreten. Ein bisschen Konfusion herrschte im Fußball (MLS), Orlando gegen Nashville wurde noch gespielt, dann griff die Liga ein und verschob die restlichen fünf Spiele: Inter Miami - Atlanta, FC Dallas - Colorado, Real Salt Lake - LAFC, San Jose - Portland und LA Galaxy - Seattle.
Tennis steht still
Indes steht auch der Tennissport still. Es ist die Japanerin Naomi Osaka, die das Programm der Damen und später auch das der Herren völlig verändert. Sie schließt sich dem Protest an und sagt das New-York-Halbfinale der Western und Southern Open gegen die Belgierin Elise Mertens ab. Nach langem Hin und her wird der ganze Donnerstagsspielplan gestrichen.
Auch Biden solidarisch
Im Internet gingen die Wogen hoch. „Wir fordern Veränderungen. Wir haben es satt. F... this man“, entlud sich die Wut wohl auf Präsident Trump von Superstar LeBron James auf twitter. Ex-US-Präsident Barack Obama lobte die Sportler, „die für das einstehen, woran sie glauben. Alle unsere Institutionen werden unsere Werte verteidigen müssen“ schrieb der 59-Jährige auf twitter. Der jetzige Präsidentschaftskandidat der Demokraten, Joe Biden, solidarisierte sich mit den Bucks-Spielern und schrieb: „Das ist nicht der Moment zum Schweigen“.
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