28.08.2020 19:00

Judenhass importiert?

„Islam hatte immer schon antisemitische Aspekte“

Dreimal wurde die Grazer Synagoge letzte Woche von einem antisemitischen Angreifer heimgesucht: pro-palästinensische Schmierereien an der Fassade, ein eingeschlagenes Fenster - und schließlich ein tätlicher Angriff auf den Präsidenten der Jüdischen Gemeinde in Graz, Elie Rosen. Der mutmaßliche Täter: ein 31-jähriger Syrer, der 2013 nach Österreich kam und hier Asyl erhalten hat. Er dürfte sich im Internet radikalisiert haben. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat ein Aberkennungsverfahren des Asylstatus eingeleitet. Und die Politik hat beschlossen: Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte müssen sich künftig in Integrationskursen dem Thema Antisemitismus widmen. Ob es den importierten Antisemitismus, von dem Integrationsministerin Susanne Raab spricht, wirklich gibt, wie er aussieht und was Österreich dagegen tun kann, hat Damita Pressl bei „Moment Mal“ mit Ebrahim Afsah, Professor für Rechtswesen und Ethik im Islam, und Kenan Güngör, Soziologe und Integrationsexperte, besprochen. 

„Solche Anschläge werden vom größten Teil der Muslime hier definitiv abgelehnt“, stellt Soziologe Kenan Güngör über die Vorfälle in Graz klar. Aber er fährt fort: „Was es gibt, ist ein billigendes Auge. Man sagt: ,Na ja, aber die Juden sind ja nicht an allem ganz unschuldig.‘ Man bestätigt die Gewalt nicht, aber man relativiert ein Stück weit. Und das ist schon Problem genug.“ Zu solchen Ressentiments, aber auch zu erhöhter Gewaltbereitschaft trage vor allem das Familienumfeld bei, sagt Güngör. 

Kenan Güngör (Bild: Zwefo)
Kenan Güngör

„Kein einziges muslimisches Land lebt intern friedlich“
Ebrahim Afsah ist Professor für Rechtswesen und Ethik im Islam und sieht die Thematik breiter gefasst: „Wir haben es mit einer sehr hohen Gewaltbereitschaft auch in den Heimatländern zu tun“, sagt er und stellt fest: „Kein einziges muslimisches Land lebt intern friedlich. Die staatliche Macht tritt dort mit wahnsinniger Aggression gegenüber der eigenen Bevölkerung auf. Das ist der Konsens.“ Für Afsah gibt es keinen Zweifel daran, dass im Islam andere Religionen geduldet, aber nicht gleichgestellt würden: „Der Islam hatte vom ersten Tag an sehr starke antisemitische Aspekte.“

Ebrahim Afsah (Bild: Universität Wien)
Ebrahim Afsah

Dass der Antisemitismus in Österreich zum Teil importiert wurde, da sind sich Güngör und Afsah also einig: Viele Menschen, so Güngör, kämen aus Ländern und Gesellschaften, wo „der Antisemitismus Staatsräson ist. Sie bekommen es in der Schule, in allen Institutionen, in den Medien und der Politik jeden Tag mit."

(Bild: dpa/dpaweb/Andreas Altwein (Symbolbild))

„Antisemitismus, Homophobie und Muslimfeindlichkeit thematisieren“
Was kann also Österreich tun? Antisemitismus in Integrationskursen aufzugreifen, sei „gut, aber nicht gut genug“, sagt Güngör. Denn: Ein Großteil der Flüchtlinge seien bereits anerkannt und damit durch Kurse nicht mehr erreichbar, zudem übersehe man so auch jene Jugendlichen, die zwar hier aufgewachsen sind, aber einen muslimischen Hintergrund haben. Es brauche daher Ethikunterricht und politische Bildung, so Güngör, um nicht nur Antisemitismus, sondern auch Homophobie, Sexismus und Muslimfeindlichkeit zu thematisieren: „Solange wir das in den Schulen nicht hinreichend tun, müssen wir uns an der eigenen Nase nehmen.“

Dreimal wurde die Grazer Synagoge von einem antisemitischen Angreifer heimgesucht: pro-palästinensische Schmierereien an der Fassade, ein eingeschlagenes Fenster - und schließlich ein tätlicher Angriff auf den Präsidenten der Jüdischen Gemeinde in Graz, Elie Rosen. (Bild: Sepp Pail)
Dreimal wurde die Grazer Synagoge von einem antisemitischen Angreifer heimgesucht: pro-palästinensische Schmierereien an der Fassade, ein eingeschlagenes Fenster - und schließlich ein tätlicher Angriff auf den Präsidenten der Jüdischen Gemeinde in Graz, Elie Rosen.

„Der Staat muss hier aggressiver und selbstsicherer auftreten“
Afsah sieht das Thema strenger: „Zu hoffen, dass Sie mit solchen Maßnahmen diese Probleme aus der Welt schaffen, ist ein frommer Wunsch. Wir haben es hier mit Leuten zu tun, die nicht integrierbar sind. Nicht alle, aber viele davon. Der Staat muss hier aggressiver und selbstsicherer auftreten.“ Der Jurist fährt fort: „Dass wir uns zu flüchtlingsrechtlichen Prinzipien bekannt haben, heißt nicht, dass wir die nicht ändern können oder sie einschränken können. Und ich glaube, das ist die Diskussion, die wir letztlich führen müssen.“

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