„Genug ist genug“
Erneut Proteste gegen Rassismus in Washington
Tausende Menschen haben in Washington erneut für ein Ende von Rassismus und Polizeigewalt gegen schwarze US-Amerikaner demonstriert. „Genug ist genug“, rief der afroamerikanische Bürgerrechtler Al Sharpton den Versammelten am Lincoln-Memorial im Herzen der US-Hauptstadt am Freitag zu. Genau vor 57 Jahren hat Martin Luther King Jr. am selben Ort seine berühmte Rede mit den Worten „Ich habe einen Traum“ gehalten.
„Wir fordern echten, dauerhaften, strukturellen Wandel“, erklärte Luther Kings ältester Sohn, Martin Luther King III bei der Kundgebung. Er rief dabei die Afroamerikaner dazu auf, bei der Präsidentenwahl am 3. November ihre Stimme abzugeben, „als würden unser Leben, unsere Existenzen und unsere Freiheiten davon abhängen - weil das so ist“.
Monatelange Proteste
Die Kundgebung war dem Jahrestag des „Marsches auf Washington“ von 1963 gewidmet und stand im Zeichen der jüngsten Fälle von Polizeigewalt, die für Empörung in den USA gesorgt hatten. Ausgelöst wurde die „Black Lives Matter“-Bewegung durch den Tod des Afroamerikaners George Floyd, der im Rahmen einer Festnahme durch Polizeigewalt ums Leben kam. Erst am Wochenende sorgte ein weiterer Fall für Aufregung, als Polizisten in Kenosha (Wisconsin) den Schwarzen Jacob Blake vor den Augen seiner Kinder mit sieben Schüssen in den Rücken niederstreckten.
Kritik an Zweiklassenjustiz
„Ohne Gerechtigkeit gibt es keinen Frieden!“, rief Blakes Vater auf der Kundgebung aus. Die Menschenmenge wiederholte den Slogan, der auf Proteste in den 80er Jahren zurückgeht. In den USA gebe es zwei Justizsysteme - eins für weiße, eins für schwarze, kritisierte Jacob Blake Senior.
„Ich bin es leid, Gerechtigkeit zu verlangen“, sagte Aktivist Frank Nitty. „Wir marschieren schon seit 60 Jahren mit denselben Forderungen. Schwarze Menschen sollten nicht immer noch für dasselbe auf die Straße gehen wie Martin Luther King“, so Nitty.
Corona-Abstand kaum einzuhalten
Viele Teilnehmer der Kundgebung trugen Masken, aufgrund des großen Andrangs standen die Menschen jedoch entgegen der Empfehlungen oft nahe beieinander. Dennoch war es ein Kontrast zur Nominierungsrede von Präsident Donald Trump im Garten des Weißen Hauses am Vortag, wo die rund 1500 geladenen Gäste eng nebeneinandersaßen und kaum jemand mit Maske zu sehen war.
Demonstrationen blieben friedlich
Vor dem Protesttag war die Umgebung des Weißen Hauses weiträumig mit hohen Zäunen und Betonpollern abgesichert worden. Einige Geschäfte in der Nähe deckten ihre Schaufenster mit Holzplatten ab. Nach der Kundgebung zogen Gruppen von Demonstranten durch die zum Teil abgeriegelte Innenstadt. Die Lage blieb ruhig.
Während der Proteste versuchte Trump mit der Begnadigung der Afroamerikanerin Alice Johnson die Gunst Schwarzer Wähler zu erlangen - Johnson war in den 90er Jahren wegen Drogenschmuggels zu lebenslanger Haft verurteilt worden und wird als Paradebeispiel für übermäßige Härte des Justizsystems gesehen:
Rassismus als Wahlkampfthema
Trump und die Republikaner sind derzeit bemüht, Vorwürfe zu widerlegen, der Präsident spreche rassistische Wähler an. Biden ist unterdessen allein schon als Vize von Präsident Barack Obama bei schwarzen Wählern populär. Auf dem Parteitag der Republikaner traten nun viele schwarze US-Bürger auf. Trump betonte zudem im Rahmen seiner Nominierungsrede seinen - nach eigenen Angaben großartigen - Einsatz für die afroamerikanische Community.
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