Opfer im Drogenkrieg
Bereits 73.000 Menschen in Mexiko verschwunden
Seit in Mexiko der Drogenkrieg ausgebrochen ist, ist die Gewalt im Land förmlich explodiert - mittlerweile gibt es rund 100 Morde pro Tag. Dabei nicht mitgezählt werden Zehntausende Menschen, die spurlos verschwunden sind - so werden inzwischen mehr als 73.000 Menschen in Mexiko vermisst. Familien suchen teils auf eigene Faust mit Schaufeln nach ihren Angehörigen.
Der 2006 ausgerufene „Krieg gegen den Drogenhandel“ hat eine blutige Epoche in Mexiko losgetreten. In dessen Folge wurden seither rund 333.000 Menschen getötet. Immer wieder werden unmarkierte Gräber entdeckt - rund 6600 Leichen wurden so inzwischen gefunden.
Nach Schätzung der staatlichen Menschenrechtskommission liegen in Leichenhallen zudem 30.000 Menschen, die bisher nicht identifiziert werden konnten. Die Vorwürfe der Bevölkerung richten sich dabei vorwiegend gegen Drogenbanden, aber auch gegen die Regierungsbehörden.
Polizisten oft Mittäter
Bei mehr als 73.000 Menschen ist aktuell noch unklar, was ihnen passiert ist. Oft wird ein Zusammenhang mit dem organisierten Verbrechen vermutet, nicht selten auch eine Beteiligung der Polizei. Aufklärung ist selten, es herrscht Straflosigkeit.
Mehr als hundert Gruppen von Angehörigen Verschwundener haben sich formiert, um auf eigene Faust zu suchen. Sie gehen in Leichenhallen, Krankenhäuser und Gefängnisse. Mit Spaten und Kübeln suchen sie nach Massengräbern in Wäldern, in verlassenen Minen und an Flussufern.
Corona stoppte Suchbemühungen
Auch die Corona-Krise erschwert nun die Chancen, Gewissheit über das Schicksal ihrer Angehörigen zu bekommen. Es war schon vorher nicht einfach, über den Stand von Ermittlungen zu verschwundenen Personen Auskunft zu bekommen. Und nun arbeiten die Behörden nur noch in reduziertem Umfang. Wie bisher in Gruppen nach Massengräbern zu suchen, ist auch nicht mehr ohne weiteres möglich.
„Viele Mitstreiter haben ihre Arbeit verloren. Sie haben nichts zu essen und müssen sich dazwischen entscheiden hinauszugehen, um Geld für was zu essen zu verdienen, oder um ihre Kinder zu suchen“, sagt Jose Ugalde, dessen 25-jähriger Sohn 2015 verschwand und drei Monate später tot aufgefunden wurde.
Familien rufen in den sozialen Netzwerken dazu auf, die Vermissten nicht aufgrund der Corona-Krise zu vergessen:
UNO warnt vor Vergessen
Zum internationalen Tag der Verschwundenen warnt die UNO, das die Thematik nicht in Vergessenheit gerät. Die Lockdown-Maßnahmen hätten Suchbemühungen gestoppt - Staaten müssten zudem dringend versuchen, das weitere Menschen verschwinden. Die Lage scheint dabei speziell in Lateinamerika ernst zu sein - neben den hohen Zahlen in Mexiko werden in Brasilien jedes Jahr etwa 80.000 Menschen als verschwunden gemeldet.
Sorge bereitet der UNO auch die Lage in Bangladesch - seit 2009 sollen Regierung und Sicherheitskräfte dort 572 Menschen verschwinden lassen haben. Der Aufenthaltsort vieler von ihnen ist nach wie vor unbekannt. Erst vor knapp zehn Jahren trat eine UNO-Konvention gegen das Verschwindenlassen in Kraft. Seither erinnert die Organisation jährlich am 30. August an das Schicksal der Opfer und ihrer Angehörigen.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.