Nation gespalten
USA: Großmacht seit zwei Jahrzehnten in der Krise
Der „falsche“ Krieg im Irak und die Finanzkrise zerstörten die nationale Einheit nach dem 11. September 2001 und das Vertrauen in die US-Politik - mit Folgen. Mit den Anschlägen auf das World Trade Center endete das Zeitalter des „alten“, liberalen, weltoffenen Amerikas. Das war die Ouvertüre einer Krise, aus der die USA die nächsten zwei Jahrzehnte nicht mehr herauskommen sollten, und die bislang kein Präsident lösen konnte.
Der 11. September 2001 markierte einen Wendepunkt. Als die Amerikaner gedanklich noch im alten Jahrhundert lebten und New York als Symbol für weltoffene, liberale USA stand. Als New York heuer von der Corona-Pandemie hart getroffen wurde, bezeichneten Reaktionäre die Stadt als einen „Sumpf von Einwanderern und Liberalen“, die es „nicht anders verdient“ hätten.
Doch zurück zu 2001. Die Anschläge schweißten die Nation zunächst zusammen. Der Auftakt der Krise liegt in der katastrophalen Politik des damaligen Präsidenten George W. Bush begründet. Parteipolitisches Kalkül und der unter falschen Voraussetzungen geführte Irak-Krieg vernichteten die nationale Einheit von 2001 binnen weniger Jahre.
Kluft in der Gesellschaft wurde immer größer
Verbitterung gegenüber der herrschenden Politik war die Folge. „Die da oben“ haben es sich gerichtet, „die da unten“ müssen es ausbaden. Bis heute sind amerikanische Soldaten im Irak stationiert. Trotz gegenteiliger Versprechungen. Der politischen Klasse wurde so lange Korrumpiertheit vorgeworfen, bis sie tatsächlich korrumpiert war.
Bush, Obama, Trump: Keiner hatte eine Lösung
Die nächste Krise folgte 2008. Als die Finanzkrise über die Welt hereinbrach. Spitzenbanker verloren Milliarden und wurden öffentlich angeprangert. Aber: Weder wurden sie strafrechtlich verfolgt, noch verloren sie ihr Vermögen. Der Mittelstand und die untere Mittelschicht wurden zerschlagen. An der Basis verstärkte sich der Gedanke eines korrupten politischen Systems von Eliten. Die Kluft zwischen Demokraten und Republikanern und zwischen ländlicher und urbaner Bevölkerung wuchs.
Diese Stimmung nutzte 2016 Trump. Die Corona-Pandemie – sozusagen „ein gemeinsamer Feind“ – hätte ihm die Chance gegeben, das Land wieder zu einen. Stattdessen trieb er den Keil noch tiefer. „Lügen waren sein Werkzeug, Korruption sein Ziel“, schrieb George Packer in „The Atlantic“.
Seine viel gepriesene Steuersenkung betraf Unternehmer, deren Unterstützung er sich nun sicherte. „So wie der 11. September das Vertrauen in die alte Politik erschütterte, zeigt die Corona-Krise, dass Anti-Politiker wie Trump nicht der Weg sind“, so Packer. Und schon gar nicht die Rettung.
Die nächste Krise dauert schon länger als zwei Jahrzehnte: Der Rassismus spaltet die US-Gesellschaft so stark wie schon lange nicht. Eine Lösung, geschweige denn Versöhnung ist nicht in Sicht.
Clemens Zavarsky, Kronen Zeitung
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