Athen: „Größenwahn“
Türkei droht Griechenland offen mit Krieg
Seit Wochen überziehen sich die Türkei und Griechenland im Erdgasstreit gegenseitig mit Vorwürfen. Nun bringt Ankara ein weiteres gefährliches Szenario ins Spiel, droht für den Fall einer Ausdehnung der Territorialgewässer in der Ägäis offen mit einer militärischen Auseinandersetzung. Athen spricht von „Größenwahn“: „Wenn das kein Kriegsgrund ist, was denn sonst?", so Griechenlands Vizepräsident.
Ankara reagierte mit den Drohungen auf die Ankündigung Griechenlands vom Mittwoch, seine Hoheitszone im - Italien zugewandten - Ionischen Meer von sechs auf zwölf Seemeilen auszudehnen.
Über ein solches Vorhaben sprach der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis nicht. Athen will Ankara mit der begrenzten Ausdehnung im Westen nicht provozieren. Doch Griechenland behält sich das Recht vor, nach internationalem Recht auch anderswo seine Hoheitsgewässer auszudehnen, wann und wo ist aber unklar.
Ägäis als „griechisches Meer“
Hintergrund der Fehde ist der Streit um vermutete Erdgasvorkommen im östlichen Mittelmeer. Bereits 1995 hatte das türkische Parlament eine Ausdehnung der griechischen Hoheitsgewässer in der Ägäis zum Kriegsgrund für die Türkei erklärt. Sollte dieser Fall eintreten, würde diese wegen der zahlreichen griechischen Inseln quasi zu einem griechischen Meer. Die Türkei indes erkundet den Untergrund in Seegebieten, die von Zypern oder Griechenland beansprucht werden. Ankara kündigte neue Schießübungen im östlichen Mittelmeer vor der türkischen Südküste an.
„Politik wie im 19. Jahrhundert“
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu verwies am Samstagabend auf eine Parlamentsentscheidung seines Landes aus den 1990er-Jahren, das eine Ausdehnung der griechischen Hoheitsgewässer in der Ägäis zum Kriegsgrund erklärt hatte. Diese Entscheidung sei auch heute noch gültig. Die Türkei betreibe mit Kriegsdrohungen eine Politik wie im 19. Jahrhundert, tönt es aus dem Ministerium in Athen. Präsident Recep Tayyip Erdogan lehnt einen Kompromiss durch einen internationalen Schiedsspruch ab und will im Mittelmeer haben, „was der Türkei zusteht“.
Europa muss „ehrlicher Vermittler“ sein
Die EU-Außenminister hatten am Freitag Ankara ultimativ zum Dialog mit Griechenland aufgerufen. Andernfalls könne der EU-Sondergipfel am 24. September über weitere Strafmaßnahmen gegen die Türkei diskutieren. Der türkische Außenminister Cavusoglu sagte dazu: „Mit Sanktionen wird diese Sache nicht gelöst.“ Europa müsse ein ehrlicher Vermittler sein.
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