In Monza dürfte Sebastian Vettels Leidensfähigkeit erneut getestet werden. Dass bei seinem letzten Auftritt im Ferrari auf dem Hochgeschwindigkeitskurs die enthusiastischen Fans aufgrund der strengen Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen fehlen werden, könnte Vettels Abschiedsschmerz aber sogar etwas lindern.
„Ich werde Monza das erste Mal ohne Fans erleben“, sinnierte der bei der Scuderia zum Jahresende ausgemusterte viermalige Weltmeister, der im Königlichen Park in Rot noch nicht gewinnen konnte. „Das macht es für mich aber ein bisschen leichter, weil das Überwältigendste daran, ein Ferrari-Fahrer zu sein, ist, wie viele Fans das Team weltweit hat.“
Ferrari: „Aufgeben ist keine Option“
In diesem Jahr allerdings ließen erschreckende Defizite in der Aerodynamik und in der Motorenleistung die beliebtesten F1-Rennstall brutal abstürzen. Branchenprimus Mercedes um Lewis Hamilton ist längst nicht mehr die Referenzgröße. Die Hinterbänkler Alfa Romeo und Haas, die von Ferrari mit Antrieben ausgestattet werden, sind es. „Aufgeben ist keine Option“, heißt es bei der Scuderia tapfer-verzweifelt vor dem 999. Grand Prix ihrer so ruhmreichen Historie. „Enttäuschung lässt uns nur noch tiefer graben.“
Man entdeckt beim Wühlen aber auch Unliebsames. Im Trauerfall Ferrari sind das drastische Erkenntnisse. Zum Beispiel wenn es darum geht, wann der 16-malige Konstrukteursweltmeister wieder in der Spitze mitfahren könnte. „Wenn man zurückschaut auf all die Siegerzyklen, handelt es sich immer um mehrere Jahre“, räumte Teamchef Mattia Binotto ein. „Es gibt keine Allheilmittel in der Formel 1. Geduld und Stabilität sind erforderlich.“
Die Ferrari-Ausdauer mit Binotto wird arg strapaziert, im Fall Vettel endet sie nach dieser Saison. Sechs Jahre ohne den ersehnten Titel mit den Italienern sind dann für den Deutschen verstrichen. Auf einen versöhnlichen Schlusspunkt in Monza, wo er 2008 für Toro Rosso sensationell sein erstes Formel-1-Rennen gewann, wird er ohnehin verzichten müssen. In der spirituellen PS-Heimat der Ferraristi ist Motorenleistung gefragt - und da hat der aktuelle Jahrgang der Scuderia erschreckend wenig zu bieten.
Verbot des „Party-Modus“
Dass die Teams in der Lombardei nur noch eine Motoreneinstellung für die Qualifikation und das Rennen nutzen sollen, ließ bei Binotto ganz leise Zuversicht aufkommen. Das Verbot des „Party-Modus“ könne „einige Rennställe beeinflussen“, meinte Binotto vor dem achten Saisonlauf. „Ich bin neugierig, wie sehr und welche Rennställe das beeinflusst.“
Monza wird gnadenlos
Monza wird gnadenlos für Ferrari. Hier werden sie an Partys in einem roten Tollhaus erinnert, hier werden ihnen frühere Triumphfahrten vor Augen geführt. So wie im vergangenen Jahr, als ausgerechnet Vettels Stallrivale Charles Leclerc mit dem ersten Ferrari-Sieg nach neun Jahren endgültig in die Herzen der Scuderia-Fans raste.
„Das hat sich zehnmal stärker angefühlt als alles, was ich zuvor in meiner Karriere erlebt habe“, meinte der Monegasse damals, als ihm die begeisterten Zuschauer aus vollen Kehlen zujubelten. Vielleicht ist es in der aktuellen Situation für Ferrari sogar zähneknirschend hinnehmbar, dass die Zuschauer nicht da sein werden.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.