Forschern des Bioprinting-Labors der Med-Uni Innsbruck ist es erstmals gelungen, ein dreischichtiges, lebendes Hautmodell zu drucken, das spontan feinste Gefäßzellen ausbildet. Seit eineinhalb Jahren werde an dem Projekt gearbeitet, dass Tierversuche in Zukunft vermeiden solle, so die zuständigen Forscher. Nun sei es von der Forschungsförderungsgesellschaft finanziert worden.
Es würden sich viele Anwendungsgebiete ergeben. „Das Drucken von vaskularisiertem Gewebe galt lange als der Heilige Gral auf dem Gebiet des Bioprintings“, erklärte Michael Außerlechner, Leiter des Molekularbiologischen Forschungslabors der Uniklinik Innsbruck im APA-Gespräch.
Bestimmte Interaktionen, etwa in der Tumorforschung oder Medikamententestung, seien in 2D-Modellen nicht testbar. „Eine Mikrometastase etwa kann aber einer bestimmten Größe nur bestehen, wenn Gefäßzellen in den Tumor hineinwachsen“, illustrierte der Forscher an einem Beispiel. Durch 3D-Bioprinting könne die Feinstruktur eines bestimmten Organs nachgebildet werden.
Tierversuche so vermeiden
Die Position einzelner Zelltypen und Blutgefäße werde im Computer vorgegeben, und das Gewebe dann entsprechend dieses Plans Schicht für Schicht aufgebaut. Zusätzlich würden diese komplexen, mit Blutgefäß-ähnlichen Kanälen durchzogenen Hautäquivalente einen signifikanten Beitrag zur Reduktion von Tierversuchen in medizinischer Forschung und Medikamententestung leisten.
Hierzu drucke man bioaktive, mit lebenden Zellen versetzte Protein-Gele auf einen der Fragestellung entsprechenden, eigens im Haus gefertigten Plexiglas-Chip, auf dem das Hautmodell wachse und sich dann selbstständig organisiere. Bis sich Gefäßstrukturen ausbilden, dauere es, so Außerlechner, zwischen sechs und acht Tage.
„Mit der Zeit bildet sich ein dreischichtiges Modell bestehend aus Blutgefäßen, Bindegewebe und letztlich der Epidermis, die die Barriere zur Umwelt bildet. Diese Hornschicht ist essenziell für die Funktion und entsteht, weil das Gewebe der Luft ausgesetzt ist“, erläuterte Judith Hagenbuchner, Leiterin des 3D-Bioprinting Labors der Uniklinik Innsbruck.
„Bisher haben wir zweischichtige Hautmodelle entwickelt. Der Durchbruch gelang uns durch die Kooperation mit unserem Firmenpartner Arthro Kinetics Biotechnology GmbH, der signifikantes Know-How im Bereich klinisch-anwendbarer Biomaterialien besitzt“, erläuterte Hagenbuchner. Der Firmenpartner mit Sitz in Krems sei auf die Herstellung von künstlichen Bandscheiben spezialisiert, mit denen weltweit Patienten behandelt werden.
„Vieles kennt man aus der Küche“
Die Firma verfüge daher, so die beiden Forscher, über wertvolles Wissen in der Herstellung von Kollagen, einem wesentlichen Bestandteil menschlichen Bindegewebes. „Viele der Materialien, mit denen wir arbeiten, kennt man aus der Küche, etwa Gelatine. Sie wird fest, wenn die Temperatur sinkt. Unsere Biotinte haben wir chemisch so modifiziert, dass ein Strukturwandel von flüssigem zu festem Zustand nicht bei Temperaturänderung, sondern bei blauem Licht erfolgt“, so Hagenbuchner.
Anfangs habe man sich im Rahmen der Kooperation vor allem auf Wundheilung konzentriert. Doch die Anwendungsgebiete sind zahlreich. „Da wir dieses Hautmodell standardisiert herstellen, wird es auch für eine Vielzahl weiterer Anwendungen, wie Medikamenten- und Kosmetika-Testung, Erforschung von Infektionen und Allergien und in der Krebsforschung eingesetzt werden können“, meinte Außerlechner. Ferner sei auch eine Personalisierung möglich.
„Wir werden untersuchen, ob die Hautmodelle auch aus den Zellen eines spezifischen Patienten aufgebaut werden können. Das würde ermöglichen, dass wir die genetisch-physiologischen Bedingungen eines bestimmten Patienten widerspiegeln“, fügt Hagenbuchner hinzu. Zusätzlich würden diese komplexen, mit Blutgefäß-ähnlichen Kanälen durchzogenen Hautäquivalente einen signifikanten Beitrag zur Reduktion von Tierversuchen in medizinischer Forschung und Medikamententestung leisten.
Organe aus dem Drucker
Transplantiert werde die gezüchtete Haut noch nicht. „Es wäre denkbar, allerdings stellt sich die Frage, ob es sich um eine Therapie oder ein Medizinprodukt handelt“, erläuterte Außerlechner. Ebenfalls noch Zukunftsmusik sei der 3D-Druck ganzer Organe: „Ein menschliches Herz besteht aus 100 Milliarden Zellen. Eine Petrischale, wie wir sie im Labor verwenden, fasst rund fünf Millionen Zellen. Ein solches Unterfangen übersteigt derzeit unsere Kapazitäten“, gaben die Forscher zu bedenken.
Außerdem stünden Zellen im Organ in einem hochkomplexen Verhältnis zueinander. Unmöglich seien im Labor gezüchtete Organe aber nicht. Verhältnismäßig einfache Organe, wie etwa eine Blase, können bereits gedruckt und Patienten implantiert werden.
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