Nach Giftanschlag

EU droht Russland im Fall Nawalny mit Sanktionen

Ausland
04.09.2020 12:30

Nach dem Giftanschlag auf den Kremlkritiker Alexej Nawalny hat nun die Europäische Union offen mit Sanktionen für Russland gedroht. In einer Erklärung ruft die EU zu einer gemeinsamen internationalen Reaktion auf - man behalte sich das Recht vor, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, dazu zählen auch Sanktionen. Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) erklärte, man müsse nun eine Drohkulisse gegenüber Russland aufbauen.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell erklärte, dass die EU „den Mordversuch“ an Nawalny „auf das Schärfste“ verurteile. „Die russische Regierung muss alles dafür tun, um dieses Verbrechen gründlich in aller Transparenz aufzuklären und um die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen“, heißt es in der von Borrell im Namen der 27 Mitgliedsstaaten veröffentlichten Erklärung. „Straffreiheit darf und wird nicht akzeptiert werden.“

EU-Außenbeauftragter Josep Borrell forderte Moskau auf, im Fall Nawalny „uneingeschränkt" mit der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) zusammenzuarbeiten. (Bild: AFP)
EU-Außenbeauftragter Josep Borrell forderte Moskau auf, im Fall Nawalny „uneingeschränkt" mit der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) zusammenzuarbeiten.

Gegen das Völkerrecht verstoßen
Der Einsatz chemischer Waffen sei unter keinen Umständen akzeptabel und stelle einen schweren Verstoß gegen das Völkerrecht und die internationalen Menschenrechtsnormen dar. Borrell forderte Moskau auf, „uneingeschränkt“ mit der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) zusammenzuarbeiten, um eine „unparteiische internationale Untersuchung sicherzustellen“.

Nawalny „zweifelsfrei“ vergiftet
Die deutsche Bundesregierung hatte am Mittwoch nach Untersuchungen eines Spezial-Labors der Bundeswehr mitgeteilt, sie sehe es als zweifelsfrei erwiesen an, dass Nawalny mit dem militärischen Nervengift Nowitschok vergiftet worden sei. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von einem „versuchten Giftmord“.

Deutschlands Kanzlerin Merkel erklärte erst am Mittwoch, dass Nawalny „zum Schweigen gebracht werden sollte". (Bild: AFP)
Deutschlands Kanzlerin Merkel erklärte erst am Mittwoch, dass Nawalny „zum Schweigen gebracht werden sollte".

Der Oppositionspolitiker war am 20. August auf einem Flug in Russland plötzlich ins Koma gefallen und später auf Drängen seiner Familie in die Berliner Charité verlegt worden. Nach Angaben der Charité ist sein Gesundheitszustand weiter ernst.

Moskau weist Vorwürfe weiter zurück
Der Kreml in Moskau hatte eine mögliche Verwicklung in den Fall zurückgewiesen. Der russische Botschafter in Berlin sagte gegenüber dem ZDF: „Ich möchte auch unsere deutschen Kollegen aufrufen: solange die Situation nicht geklärt ist, jegliche Politisierung zu vermeiden und auf, sagen wir so, vorläufige Einschätzungen zu verzichten und sich nur auf die Fakten zu stützen.“

Verbündete Nawalnys sehen die Verwendung von „Putins Lieblingsgift" als Beleg für die Involvierung Moskaus in den Anschlag. (Bild: AFP)
Verbündete Nawalnys sehen die Verwendung von „Putins Lieblingsgift" als Beleg für die Involvierung Moskaus in den Anschlag.

Außerplanmäßiges NATO-Treffen
Die NATO kündigte am Donnerstagabend ein außerplanmäßiges Treffen für diesen Freitag an. Diplomaten gehen davon aus, dass Russland auch hier zur lückenlosen Aufklärung des Falles aufgefordert werde. Weiterreichende Maßnahmen seien aber eher unwahrscheinlich.

Weitgehende Maßnahmen werden von der NATO wohl vorerst nicht kommen. (Bild: APA/AFP/KENZO TRIBOUILLARD)
Weitgehende Maßnahmen werden von der NATO wohl vorerst nicht kommen.

Nord Stream 2 auf der Kippe?
Der Fall hat auch die Debatte um die Gaspipeline Nord Stream 2 in der Ostsee neu angefacht, die russisches Gas nach Deutschland liefern soll. So mehren sich wieder Forderungen nach einem Stopp oder einem Aufschub für das deutsch-russische Projekt. Kanzlerin Merkel hatte allerdings erst vergangene Woche deutlich gemacht, dass sie den Fall Nawalny nicht mit Nord Stream 2 verknüpfen will.

„Alle Maßnahmen sind denkbar“
Österreich forderte am Mittwoch eine unabhängige und transparente Untersuchung des Angriffs auf Nawalny. Außenminister Schallenberg forderte in einem Interview mit der „FAZ“, dass die EU „eine klare gemeinsame Sprache“ finden müsse. Die Vorkommnisse seien nicht nur „schärfstens zu verurteilen“, sie würden auch „ein erschreckendes Licht auf Moskau“ werfen. Sollte die jetzige Forderung nach Aufklärung nicht fruchten, seien „alle Maßnahmen denkbar“, so Schallenberg.

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