Rund 30.000 Studenten und 4300 Mitarbeiter tummeln sich an der größten Hochschule des Landes - doch nur wenige kennen ihre historischen Orte. Ein Rundgang.
Sie sind stumme Zeugen einer Epoche, in der noch Kaiser Franz Joseph I. unser Land regierte. Nach 125 Jahren haben sie zwar etwas Moos angesetzt, aber trotzdem standhaft der Unbill des Wetters und dunkler Zeiten getrotzt.
Aristoteles, Aurelius Augustinus, Hugo Grotius, Gottfried Wilhelm Leibniz, Isaac Newton, Immanuel Kant, Leonardo da Vinci und Hippokrates blicken seit 1895 vom damals neu errichteten Hauptgebäude der Universität Graz - und bekommen in so luftiger Höhe freilich nicht regelmäßig Besuch. Diesmal führt uns aber Portier Leo Wohofsky auf das Dach des Hauses - und zeigt uns standsicher und völlig schwindelfrei die überlebensgroßen Attikafiguren auf der Balustrade aus unmittelbarer Nähe. Einer jener Künstler, die diese hervorragenden Denker aus dem Stein meißelten, war der steirische Bildhauer Hans Brandstetter, ein guter Freund Peter Roseggers. Die acht Philosophen, Lehrer und Forscher sollen fortschrittlichen Wissenschaftsgeist und revolutionäre Ideen repräsentieren.
Der Dachboden war früher eine Fundgrube
Aber sie sind nicht das einzige Highlight auf einer Entdeckungsreise zu den für Studenten üblicherweise verborgenen Orten der altehrwürdigen, 1585 durch Erzherzog Karl II. von Innerösterreich gegründeten Hochschule. Nein, auch der Dachboden - letzte Station vor dem Gang ins Freie - hoch über dem Campus und direkt über der Aula ist eine Visite wert. Obwohl: Dachbodenschätze zu entdecken gibt es keine mehr, alles wurde beinahe besenrein aufgeräumt. „Früher fand man noch alte Sessel und anderes Interieur, das aber aus feuerpolizeilichen Gründen entfernt werden musste“, erinnert sich Leo Wohofsky.
Danach führt uns Gerhild Leljak, die als Mitarbeiterin der Pressestelle gemeinsam mit der Grazer Kunsthistorikerin Astrid M. Wentner einen „Uni-Graz-Guide“ verfasst hat, durch einen der dunklen und stickigen historischen Geheimtunnel, der das Hauptgebäude mit dem Resowi-Zentrum am Universitätsareal verbindet. Gerüchtehalber wurde so mancher Politiker in der Vergangenheit nach wütenden Studentenprotesten durch einen der unterirdischen Gänge in Sicherheit gebracht.
Ein historisches Fernrohr aus dem Jahr 1875
Eine Rarität ist ein 145 Jahre altes Fernrohr, das noch immer für den Unterricht in der alten Universitätssternwarte, etwa für die Einführung in die sonnenphysikalische Lehre, gute Dienste leistet. Ursprünglich kam das große Teleskop in der astronomischen Forschung zum Einsatz. „Um damit den Nachthimmel besser beobachten zu können, hat ein Wissenschafter in den 1930er-Jahren angeblich zeitweise die Straßenbeleuchtung im Bezirk Geidorf abschalten lassen“, schmunzelt Gerhild Leljak.
Archiv-Daten für das Profil des Briefbombers
Den Endpunkt des Rundgangs an unbekannte Uni-Plätze bildet das Archiv, dessen Wurzeln andernorts bis ins 18. Jahrhundert zurückreichen. Im Juni 1778 ordnete ein Hofdekret dessen Einrichtung an. Es liegt heute im Kellergeschoß, „wo früher Dienstwohnungen untergebracht waren“, berichtet Alois Kernbauer, der Hüter des riesigen Wissensschatzes. Daten des Archivs wurden sogar bei der Erstellung des Profils von Briefbomber Franz Fuchs verwendet.
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