Fette Gewinn-Spanne

Neue S-Klasse soll Daimler aus der Krise ziehen

Motor
08.09.2020 12:00

Seit Jahrzehnten ist es alle sieben Jahre für die Marke mit dem Stern der wichtigste Start eines neuen Modells: Die neueste Generation der Luxuslimousine Mercedes-Benz S-Klasse kommt auf den Markt. Dieses Mal dürfte die Sehnsucht nach dem profitabelsten Pkw-Modell des Premiumautobauers besonders groß sein.

(Bild: kmm)

Denn mitten in der Coronakrise, die den Druck auf die Branche infolge des kostspieligen Umschwungs zu Elektroautos noch verstärkt, brauchen die Schwaben den erhofften Geldregen dringender denn je. „Die S-Klasse ist ein wichtiger Imageträger und gemessen an der Marge der größte Ertragsbringer“, sagte Frank Schwope, Analyst von der Norddeutschen Landesbank. Die Luxuslimousine könne den DAX-Konzern als Zugpferd im kommenden Jahr zurück in die Gewinnzone bringen. Die Pandemie, die schon länger anhaltende Flaute der globalen Autonachfrage und Kosten im Dieselskandal hatten Daimler im ersten Halbjahr 1,7 Milliarden Euro Verlust eingebrockt.

Die S-Klasse sei für den wirtschaftlichen Erfolg von Daimler wichtig, sagte Daimler-Chef Ola Källenius am Rande der Weltpremiere in Sindelfingen. „Es ist die Ikone der Luxusautos und das Herz unserer Marke“. Der Autobauer habe enorm in neue Technologien investiert, davon könnten andere Baureihen profitieren.„ Die Renditen der einzelnen Modelle verrät Källenius nicht nicht. Analysten schätzen die Gewinnspanne bei der S-Klasse auf 15 bis 20 Prozent vom Umsatz.

Die Zeit arbeitet für Daimler
“Mercedes ist sehr abhängig vom Erfolg der S-Klasse„, sagte Daniel Schwarz, Autoexperte von der Bank Mainfirst. Und deren Erfolg hängt wiederum vom weltweit größten und auch für Mercedes wichtigsten Einzelmarkt China ab. Da sich die Nachfrage in dem Land, in dem die Covid-Pandemie ausbrach und als erstes eingedämmt wurde, wieder gut erholt, traut der Analyst Daimler im ersten vollen Verkaufsjahr 2021 einen Absatz von 95.000 Stück zu. Bei Preisen über 100.000 Euro könnte das Spitzenmodell zwei Milliarden Euro Ergebnisbeitrag hereinschaufeln, schätzt er. Dafür muss es die Rivalen 7er BMW und Audi A8 ausstechen, die 2019 und 2017 auf den Markt kamen und damit schon älter sind. In den nächsten beiden Jahren könne Mercedes mit der jüngsten Modellpalette der Premiumhersteller punkten, erklärt Schwarz.

S-Klasse finanziert Elektromobilität
Die CO2-Emissionen von zumeist mehr als 200 Gramm je Kilometer sind unter Klimaschutzgesichtspunkten hingegen kein Ruhmesblatt. Das PS-starke Modell mit seinen Sechs-Zylinder-Diesel- und Benzinmotoren sei aber unverzichtbar, weil es den Umstieg auf Elektroautos finanziell erst ermögliche, erläuterte der Analyst. “Elektroautos sind notwendig, aber man verdient damit kein Geld - dazu braucht man Modelle wie die S-Klasse.„ 2021 folgt außerdem der EQS, die elektrische Variante der S-Klasse. “Es wäre ein gutes Symbol für ein entschlossenes Umsteuern auf klimafreundliche Fahrzeuge gewesen, den EQS gleichzeitig mit der S-Klasse zu bringen„, sagte Schwope.

Auch für die Beschäftigten in Sindelfingen, nach Belegschaftsgröße mit mehr als 35.000 Arbeitnehmern Daimlers größter Standort, ist die S-Klasse ein Hoffnungsträger. Die Autoindustrie steht durch Corona und Strukturwandel vor einem Arbeitsplatzabbau, wenn bisher auch meistens durch freiwilliges Ausscheiden statt Massenentlassungen. Sindelfingen kann in der schweren Zeit noch die Früchte der fetten Jahre, die bis 2017 dauerten, ernten. Denn die siebte S-Klasse-Baureihe wird in einer nagelneuen Fabrik vom Band laufen, der “Factory 56„.

In zweieinhalb Jahren Bauzeit hat Daimler sie für 730 Millionen Euro aus dem Boden gestampft. Mehr als 1500 Beschäftigte sollen dort in zwei Schichten an ergonomisch optimalen Stationen mit mechanischen wie digitalen Werkzeugen arbeiten. Die Effizienz in der S-Klasse-Montage werde um 25 Prozent im Vergleich zur bisherigen an dem Standort gesteigert.

Das Montagewerk, das CO2-neutral arbeiten soll, sei die Blaupause zur Modernisierung anderer Mercedes-Fabriken. „Wir haben es uns nicht einfach gemacht, Hunderte Millionen Euro auszugeben an einem Hochlohnstandort“, sagte Entwicklungschef Markus Schäfer. In der digitalen Hightech-Fabrik werde auch die Ergonomie durch rückenschonende, höhenverstellbare Werkzeuge für die Arbeiter verbessert. „Wer die besten Autos der Welt produziert, muss auch in der Lage sein, die besten Arbeitsbedingungen zu realisieren“, sagte Betriebsratschef Ergun Lümali.

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(Bild: kmm)



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