„Lösung torpediert“
Athen sicher: Migranten haben Feuer selbst gelegt
Die griechische Regierung hat ihre bereits kolportierte Annahme, dass Migranten den Großbrand im Camp Moria selbst gelegt hätten, am Donnerstag offiziell bestätigt: „Das Feuer wurde von Menschen gelegt, die Asyl beantragt haben - als Reaktion auf die wegen des Coronavirus verhängte Quarantäne in Moria“, erklärte der Sprecher der konservativen Regierung, Stelios Petsas. Noch schärfer formulierte es Österreichs Innenminister Karl Nehammer: „Wer unsere Hilfsbereitschaft mit Füßen tritt, kann nicht mit Schutz in Europa rechnen.“ Andere Töne schlug Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) an - er setzt sich für die Aufnahme von Kindern aus Moria ein.
Petsas laut dpa: „Mit solchen Aktionen torpedieren diese Menschen jede Lösung. Wir sagen es ihnen klipp und klar: Sie werden nicht wegen des Feuers die Insel verlassen. Das können sie vergessen.“ Gelungen sei den Brandstiftern lediglich, Tausende Menschen - darunter Familien - obdachlos zu machen, stellte der Regierungssprecher klar.
Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hatte bereits am Mittwoch Brandstiftung durch Geflüchtete vermutet. „Gewaltbereite Migranten haben keine Chance auf Asyl in Europa“, hatte er erklärt.
„Leisten in Österreich und in Europa Unglaubliches“
Am Donnerstag legte Nehammer in einem Statement gegenüber krone.at nach: „Wir können es als Europa nicht akzeptieren, wenn einige Migranten bewusst in Lagern Feuer legen und damit Menschenleben in Gefahr bringen. Wir leisten in Österreich und in Europa Unglaubliches in der Bewältigung der Migrationslage. Die griechischen Sicherheitsbehörden tun alles, um den Menschen zu helfen. Gewaltbereite Migranten dürfen jedoch keine Zukunftschance in Europa haben. Wer unsere Hilfsbereitschaft mit Füßen tritt, kann nicht mit Schutz in Europa rechnen“, so der Innenminister.
Nehammer wies einmal mehr darauf hin, dass Österreich alleine heuer bereits mehr als 5000 Frauen und Kindern Schutz gewährt habe.
Athen fürchtet Corona-Ausbruch nach Feuer
Athen wolle unterdessen in den nächsten Tagen 19.000 Corona-Tests auf Lesbos durchführen, teilte der Regierungssprecher weiter mit. Die Angst eines unkontrollierbaren Virusausbruchs ist groß: 35 Migranten sind positiv getestet worden, doch infolge des Großbrandes sind sie nicht mehr alle ausfindig zu machen und könnten andere Menschen anstecken, hieß es seitens der Regierung. Die Polizei habe nur acht von ihnen aufgreifen können.
Die Bevölkerung von Lesbos mit seinen 85.000 Einwohnern, die anfangs die vielen Flüchtlinge freundlich aufgenommen und ihnen geholfen hatten, hat über die Jahre eine zunehmend ablehnende Haltung entwickelt. Nach Ausbruch der Brände hatten manche Griechen sogar die Zugänge zu naheliegenden Orten für Flüchtlinge blockiert.
Katastrophale Zustände
Das griechische Fernsehen zeigte am Donnerstag erneut Bilder von Menschen, die am Straßenrand lagen und auf Hilfe warteten. Tausende Menschen sind ohne Unterkunft und Nahrung auf sich gestellt. Familien, oft mit kleinen Kindern, irren im Freien über die Insel, wie AFP-Reporter berichten. Einige Menschen übernachteten auf einem Friedhof. Humanitäre Organisationen und auch die Behörden planten am Donnerstag, zumindest Essen und Wasser zu den Menschen zu bringen.
Caritas-Chef: „Österreich muss jetzt dringend eingreifen“
Auch in Österreich regten sich am Donnerstag vermehrt Stimmen, wonach man den Menschen in Moria dringend helfen müsse. Mit Hilfeleistungen vor Ort sei es allerdings nicht getan, meinte nicht zuletzt Caritas-Chef Klaus Schwertner. Während sich die ÖVP weiterhin gegen die Aufnahme von Migranten stemmt, machen Grüne, SPÖ und NEOS zunehmend Druck in die andere Richtung. Der Wiener Bürgermeister bot an, Kinder aus Moria aufzunehmen.
Kogler will Kinder aus Flüchtlingslager holen
Gegenüber dem „Standard“ äußerte Vizekanzler Werner Kogler Kritik an den Aussagen von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) zu den Bränden. „Ich erwarte mir mehr europäischen Geist und mehr Menschlichkeit und weniger Zynismus“, meint er im Interview. Kogler wolle nun den Koalitionspartner überzeugen, dass angesichts der dramatischen und unmenschlichen Zustände insbesondere für Mütter und Kinder schnelle Hilfe nötig sei.
„Wenn Deutschlands Kanzlerin, Frankreichs Präsident und sogar der bayrische Ministerpräsident Kinder aufnehmen, dann kann das Österreich auch“, so Kogler.
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