Europas Versagen
Moria: Die Entdeckung der Unmenschlichkeit
Moria ist Synonym für das Versagen Europas in der Asylpolitik. Nach den Bränden sind die Zustände schlimmer. Türkis-Grün will weiter keine hilfsbedürftigen Kinder aufnehmen.
„Gewaltbereite Migranten haben keine Chance auf Asyl in Europa.“ Diese Menschen „haben die Katastrophe bewusst ausgelöst und damit Menschenleben gefährdet“, sagte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). Europas größtes Flüchtlingslager Moria, mit 13.000 Menschen heillos überfüllt, steht da gerade in Flammen. Ja, gewaltbereite Menschen muss man nicht aufnehmen.
Leidtragende sind aber wie so oft die Unschuldigen. Familien, Alte, Hilfsbedürftige. Minderjährige, ohne Familie und ohne Hoffnung. Österreichs Bundesregierung will aber auch jetzt keine aufnehmen. „Wieso sind uns die Kinder auf den griechischen Inseln näher als die in Venezuela?“, fragte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) unlängst auf krone.at.
Während Hunderte Kinder auf Lesbos - auf dem Boden der Europäischen Union wohlgemerkt - unter den denkbar unwürdigsten Bedingungen schlafen müssen. Kein Dach über dem Kopf haben. Auf deren Rücken Politik gemacht wird. Es gehe ja jedes Mal nur um ein paar Menschen, sagte ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg. Viele beklagten: Bei so viel Zynismus schwieg irgendwann auch die Menschlichkeit.
Die deutschen Christlich-Sozialen - immerhin die Schwesterpartei von Türkis - rufen zur Aufnahme von Flüchtlingen auf. Am Ballhausplatz verhallt das ungehört. „Es ist ein Gebot der Menschlichkeit, rasch zu handeln“, appellierte Caritas-Chef Klaus Schwertner auf krone.at. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig ist „enttäuscht und beschämt“ von der Regierung. Wien sei bereit, minderjährige Flüchtlinge aufzunehmen. Künstler werden aktiv. Die Schauspielerin Katharina Stemberger startet die Initiative „Courage - Mut zur Menschlichkeit“.
Van der Bellen fordert Hilfsbereitschaft
Bundespräsident Alexander Van der Bellen appellierte auf Twitter: „Österreich hat eine lange und große Tradition, Menschen in Not zu helfen, und war immer bereit, jenen unter die Arme zu greifen, die sich selbst nicht mehr helfen konnten. Geflüchtete Menschen in Moria und besonders Kinder ohne Eltern brauchen jetzt unsere Hilfe. Europa und Österreich hat, da bin ich zuversichtlich, die Größe und Menschlichkeit, jetzt das Richtige zu tun.“
Ein Hauch Menschlichkeit. Nach der Entdeckung der Unmenschlichkeit.
Clemens Zavarsky, Kronen Zeitung
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