Wegen harter Linie

Moria: Heftige Attacke von Asselborn gegen Kurz

Politik
11.09.2020 15:21

Geht es nach Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn, hat offenbar Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) persönlich das Scheitern der gesamten europäischen Flüchtlingspolitik zu verantworten. Asselborn bezeichnete Kurz in einem Interview unter anderem als „Missetäter“, der „diese erbärmliche Situation als Allererster zu verantworten“ habe und wetterte über die Haltung jener Staaten, die „immer noch so tun, als gingen sie die Flüchtlinge an Europas Haustür nichts an“.

Kurz habe gesagt, man müsse nur die Grenzen schließen, damit sich das Flüchtlingsproblem erledigt, kritisierte Asselborn im deutschen „Spiegel“ laut einer Vorausmeldung vom Freitag. Ganz Europa sei Kurz‘ „Gerede auf den Leim gegangen“, schimpfte der Sozialdemokrat. Zudem habe Österreich „ausgerechnet, als es die EU-Ratspräsidentschaft innehatte“, den UNO-Migrationspakt abgelehnt.

Österreich „wollte nur Container auf die Insel schicken“
Als er bei einem Treffen der EU-Innenminister im März vorschlug, die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge aus dem griechischen Camp Moria und anderen Lagern in der EU zu verteilen, habe Österreich ablehnend reagiert. Der Vertreter Österreichs habe gesagt, man würde keine Jugendlichen aufnehmen, „sondern Container auf die Insel schicken, Toiletten also“, erinnerte sich Asselborn.

Ein Großbrand im Lager Moria hat die Situation der Flüchtlinge weiter verschlimmert. (Bild: AFP/LOUISA GOULIAMAKI)
Ein Großbrand im Lager Moria hat die Situation der Flüchtlinge weiter verschlimmert.

Ohne Ausweg aus der Krise „bleibt Europa krank“
Luxemburgs Außenminister sieht nun vor allem Kommissionschefin Ursula von der Leyen in der Pflicht. „Es ist an der Zeit, dass die Kommissionschefin alle Hebel in Bewegung setzt, um auch jene zwei Drittel der EU-Länder, die immer noch so tun, als gingen sie die Flüchtlinge an Europas Haustür nichts an, dazu zu bringen, sich solidarisch zu zeigen“, forderte Asselborn. Europa bleibe „krank, solange es aus der Flüchtlingskrise keinen Ausweg gefunden hat“.

Regierung betont: Auf Hilfe vor Ort kommt es an
Am Freitag blieb die Koalitionsspitze, auch in der derzeitigen verheerenden Lage im abgebrannten Flüchtlingscamp Moria auf Lesbos, bei ihrer Linie: Sowohl Kurz als auch Vizekanzler Werner Kogler betonten, dass die unterschiedlichen Haltungen der Parteien zu dem Thema hinlänglich bekannt seien. Gesprochen werde aber über weitere Schritte bei humanitären Hilfen. Die Hilfe vor Ort sei nämlich das, wo es gemeinsame Schnittstellen gebe, so Kurz bei der gemeinsamen Pressekonferenz zum Thema Corona.

Die Grünen wären ja dafür, Flüchtlinge aus Moria aufzunehmen, was die ÖVP strikt ablehnt. Nichtsdestotrotz sagte Kurz, die Zusammenarbeit in der Regierung funktioniere „gut“.

In der Flüchtlingsfrage sind sich die Grünen und die ÖVP uneinig. (Bild: APA/Roland Schlager)
In der Flüchtlingsfrage sind sich die Grünen und die ÖVP uneinig.

Griechische Regierung schickt Polizei und Wasserwerfer
Ganz Europa blickt nach den Bränden in Moria derzeit nach Lesbos. Während die griechische Regierung mit einer weiteren Eskalation der Lage rechnet und die Polizeikräfte vor Ort verstärkt, hat Italien am Freitag Unterstützung für die deutsch-französische Initiative zur Aufnahme minderjähriger Geflüchteter zugesagt. Ein neuer EU-Vorschlag zur Migrationspolitik wurde indessen für Ende September angekündigt.

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