75 Jahre Kriegsende

Zeitzeuge erzählt: So hat sich Schule verändert

Kärnten
13.09.2020 15:42

Die Bombardierung der Klagenfurter Lehrerbildungsanstalt erlebte er hautnah, dann unterrichtete er jahrzehntelang die Kärntner Jugend: Professor und Zeitzeuge Otto Reitzl.

„Der 16. Jänner 1944 war ein Sonntag. Um 9.30 Uhr kamen 55 Bomber über die Karawanken und warfen 2000 Bomben ab.“ Otto Reitzl, geboren 1929, erinnert sich genau, was an jenem Tag in der Lehrerbildungsanstalt in der Bahnhofstraße passiert ist: „Ich war als Schüler im zweiten Lehrjahr vor Ort, und weil ich Klagenfurter war, musste ich Luftschutzdienste übernehmen. Der Bombeneinschlag passierte fünf Meter von mir entfernt.“

Beim Wiederaufbau der Lehrerbildungsanstalt in der Klagenfurter Bahnhofstraße half Reitzl mit. (Bild: ÖNB)
Beim Wiederaufbau der Lehrerbildungsanstalt in der Klagenfurter Bahnhofstraße half Reitzl mit.

Besatzungszeit in Kärnten
Mit viel Glück entging Reitzl dem Kriegsdienst, half in der Besatzungszeit den britischen Soldaten beim Wiederaufbau der Lehrerbildungsanstalt und erlebte in den folgenden Jahrzehnten die Veränderung des Kärntner Schulwesens.

„Einst am Kreuzbergl“: So sah Otto Reitzl als Schüler aus, inzwischen ist er schon 90 Jahre alt. Klassentreffen mit ehemaligen Kollegen werden noch heute abgehalten. (Bild: Clara Milena Steiner)
„Einst am Kreuzbergl“: So sah Otto Reitzl als Schüler aus, inzwischen ist er schon 90 Jahre alt. Klassentreffen mit ehemaligen Kollegen werden noch heute abgehalten.

Zu Beginn lehrte er in Techelsberg, der Unterricht fand montags bis samstags statt. Seine damalige Frau und er bekamen eine Lehrerwohnung: „Mit einer kaputten Küche, fließendem Wasser nur im Keller, Plumpsklo und gemauertem Ofen, aber wenig Holz. Morgens war eine dicke Eisschicht am Wasserkessel. Mein Gehalt betrug 425 Schilling. Ein Paar Schuhe kostete 500 Schilling“, erzählt Reitzl.

„Weg von der Rohrstab-Mentalität“
Nach 16 Jahren in Techelsberg absolvierte er die Hauptschullehrer-Prüfung, unterrichtete in Velden, arbeitete später an der Pädagogischen Akademie, entwickelte spezielle Unterrichtsmethoden: „Ich habe die Veränderung vom Lehrerpodium zu Bänken mitgemacht, weg von der Rohrstab-Mentalität und hin zu kleineren Klassen. Die Pause musste ich oft noch selbst mit der Glocke einläuten.“

Erst 1990 ging Reitzl in die wohlverdiente Pension. Seine schmerzhaften Erinnerungen an die Kriegsjahre verarbeitet er bis heute mit Gedichten und Gemälden.

Bildband erscheint im Oktober!
Unser Bildband „Frieden und was nun? Kärnten in historischen Fotografien zwischen Kriegsende und Staatsvertrag“ mit mehr Fotos und Zeitzeugenberichten erscheint im Oktober. Die „Krone“ bringt das Buch in Zusammenarbeit mit dem Kärntner Landesarchiv und dem Verlag Heyn auf den Markt.

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