Es weckt Erinnerungen an die grauenvolle Entdeckung an der A4 bei Parndorf im August vor fünf Jahren, als 71 Flüchtlinge tot in einem Kühllastwagen gefunden wurden. So spielte sich vor einer Woche beinahe ein ganz ähnliches Drama ab, als 43 Menschen, unter ihnen sechs noch minderjährige Kinder, ebenfalls in einen Laster gepfercht nach Österreich geschleppt wurden. Sie berichteten von Todesangst und Sauerstoffmangel während der Fahrt, mehrere Menschen wurden sogar ohnmächtig.
Wie die Landespolizeidirektion Niederösterreich am Mittwoch bekannt gab, wurde am Abend des 9. September von mehreren Zeugen beobachtet, wie „zahlreiche Menschen“ aus einem Lkw - abgestellt bei der Autobahnausfahrt Bruck an der Leitha West - stiegen und in die angrenzenden Felder flüchteten. Im Zuge einer daraufhin eingeleiteten Suche - auch per Hubschrauber - wurden insgesamt 38 Menschen aufgegriffen - wie die Polizei mitteilte, in einem „schlechten gesundheitlichen Zustand“. Die Geschleppten - es handelt sich um Syrer, Iraker und Türken - wurden von Rettungskräften in der Folge versorgt und zur Polizeiinspektion Bad Deutsch-Altenburg gebracht.
Personen wurden ohnmächtig
Sie berichteten von höchst dramatischen Szenen, die sich während der Schlepperfahrt im Inneren des Kühlanhängers abgespielt hätten. Untergebracht waren sie im hinteren Bereich des Anhängers, den sie über eine Falltür bzw. Luke bestiegen hatten. Es gab, wie die Polizei bei der Untersuchung feststellte, „keine Möglichkeit der Belüftung“. Dies wurde auch durch Berichte der Opfer in der Folge untermauert.
Die Zeugen hätten über „Todesangst und Sauerstoffmangel“ während der Fahrt berichtet, die an der ungarischen Grenze ihren Ausgang genommen hatte, berichtete Pressesprecher Heinz Holub via Aussendung. Auch seien zahlreiche von ihnen zwischenzeitlich ohnmächtig geworden, „eine Person sei vollständig kollabiert“. Schlussendlich hätten die Personen so laut auf sich aufmerksam gemacht, dass der Lkw kurz anhielt. Bei diesem Stopp hätten bereits einige der Geschleppten die Flucht ergriffen.
Laut den Berichten kam es im Zuge der Bergung des Bewusstlosen durch die Luke des Lkw zu einem weiteren gefährlichen Zwischenfall. So sei der Lastwagen plötzlich weitergefahren, eine Person dabei beinahe überrollt worden. Beim nächsten Stopp bei der Ausfahrt Bruck an der Leitha West hätten dann die übrigen Geschleppten das Fahrzeug verlassen.
Verdächtiger in Haft
Beim Schlepper handelt es sich laut Polizeiangaben um einen 51 Jahre alten Verdächtigen aus der Türkei, der sich noch in der Nähe des Lkw befand und vorläufig festgenommen wurde. Er habe widersprüchliche Angaben bei der Befragung rund um die Schleppung gemacht, hieß es. Er befindet sich in Haft. Für die Schlepperfahrt hätten die Flüchtlinge zwischen 6000 und 8000 Euro bezahlt, berichtete Holub. Die Personen waren offenbar über verschiedene Routen von der Türkei ausgehend nach Rumänien gekommen und längere Zeit in einem „ruinenähnlichen Haus“ untergebracht gewesen.
„Menschenverachtendes Verbrechen“
Derzeit werde ein erneuter Anstieg bei Schleppungen verzeichnet, so der Leiter des Landeskriminalamtes Niederösterreich, Brigadier Omar Haijawi-Pirchner. „Auch dieser Vorfall zeigt erneut auf, am eingeschlagenen Weg festzuhalten, die Grenzen zu schützen und den Kampf gegen die Schlepperei und illegale Migration konsequent weiterzuführen. Schlepperei ist ein menschenverachtendes Verbrechen, das nur durch sehr enge Zusammenarbeit, vor allem mit den Staaten des Westbalkans, nachhaltig bekämpft werden kann“, so Innenminister Karl Nehammer (ÖVP).
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