„Nimmt an Kraft zu“
In Tschechien schnellen Corona-Zahlen in die Höhe
Die Zahl der Corona-Infizierten schnellt in Tschechien in die Höhe - der Gesundheitsminister geht davon aus, dass sich jeder dritte Einwohner bis Ende des Jahres mit dem Erreger anstecken könnte. Am Donnerstag wurde mit 3130 neuen Fällen ein Tagesrekord gemeldet.
Im schlechtesten Fall geht das Prager Gesundheitsministerium davon aus, dass Tschechien bis Silvester insgesamt 3,6 Millionen bestätigte Fälle registrieren wird. Das wäre jeder dritte Bewohner des 10,7-Millionen-Einwohner-Landes.
„Die epidemiologische Situation ist nicht gut. Die Epidemie nimmt an Kraft zu“, warnte Gesundheitsminister Adam Vojtech, der an die Öffentlichkeit appellierte, die Hygienemaßnahmen gründlich einzuhalten. Mittlerweile spricht die Regierung von einer exponentiellen Verbreitung des Coronavirus und zieht prompt die Notbremse. Die Maskenpflicht wird erweitert und die Öffnungszeiten der Restaurants und Nachtclubs beschränkt. Weitere Restriktionen werden nicht ausgeschlossen, allerdings denkt man in Prag nicht an eine Ausgangssperre und Schließung der Wirtschaft wie im Frühjahr.
Ministerpräsident lockerte Maßnahmen zu Schulanfang
Die Kritiker nehmen es aber gerade der Regierung übel, dass sich die Situation im Land so rasant verschlechtert. Im August hatten nämlich die Hygieniker eine mäßige präventive Verschärfung der Maßnahmen für den Beginn des Schuljahres am 1. September geplant. Doch Ministerpräsident Andrej Babis griff persönlich ein und die Verordnung wurde deutlich gemildert. Kritiker meinen, dass Babis offenbar die Wähler vor den Regional- und Senatswahlen Anfang Oktober nicht verärgern wollte. Babis gestand unlängst einen „Fehler“ ein. „Im Juni hatten wir das Gefühl, dass das Coronavirus weg ist. Leider haben wir uns geirrt“, sagte er.
Kritisiert werden auch die Wartezeiten und die Kapazitäten an Teststationen. Für einen Termin muss man bis zu einer Woche warten, an Ort und Stelle muss man stundenlang Schlange stehen. „Für einen Test sollte man einen klaren Grund haben“, rät Vojtech von einem freiwilligen Test ab. Das Ergebnis kommt oft später als in den vorgeschriebenen 48 Stunden.
Immer mehr Länder setzen Tschechien auf Rote Liste
Mit Unwillen nimmt Tschechien den Vorgang mehrerer EU-Staaten zur Kenntnis, tschechische Regionen oder das gesamte Land auf die Rote Liste zu setzen. Vor allem seitens der Slowakei war das auch für Babis eine unangenehme Überraschung. Er sprach zwar von „Verständnis“, weil die Koalition seines slowakischen Amtskollegen Igor Matovic „zerbrechlich“ sei. Gleichzeitig warf er der Slowakei vor, „viel weniger als Tschechien zu testen“. Matovic konterte, man drücke Tschechien die Daumen, allerdings könnte die Slowakei „noch härter vorgehen, falls sich die Situation in Tschechien weiter verschlechtert“.
Tschechien selbst geht mit seinem eigenen „Reise-Ampelsystem“ lieber vorsichtig um. Nur Spanien steht jetzt auf der tschechischen Reisewarnungsliste. In der vergangenen Woche wurde Rumänien heruntergenommen - offensichtlich nicht, weil sich die Situation in dem Balkanland spürbar verbessern würde, sondern weil Tschechien mittlerweile schlechter daran ist.
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