Die Corona-Pandemie erzwang eine Verschiebung des für März geplanten Verlegens von Stolpersteinen vor der Oper Graz: Am Freitagnachmittag war es soweit: Vor dem Opernhaus wurden die kleinen Gedenksteine eingeweiht. Sie sollen an drei Künstler - die Sopranistin Ella Flesch, den Dirigenten Fritz Jahoda und die Schauspielerin Hertha Heger - erinnern, die im März 1938 vor den Nazis fliehen mussten.
Der Märztermin hätte ursprünglich daran erinnern sollen, dass alle drei Künstler wegen ihrer jüdischen Herkunft im März 1938 nach dem „Anschluss“ Österreichs an Nazi-Deutschland fliehen mussten. Flesch und Heger schafften es in die Schweiz, Jahoda nach Großbritannien. Aber alle drei früheren Ensemblemitglieder verloren Angehörige und Kollegen, die von den Nazis ermordet wurden. Hertha Heger - die in der Schweiz in einigen Filmen wie etwa über den eidgenössischen Flugpionier „Bider der Flieger“ mitspielte, kam Mitte der 1950er-Jahre nach Graz zurück und spielte auch wieder. In ihren letzten Lebensjahren - sie starb 2003 - widmete sie sich u.a. in Leserbriefen unermüdlich dem Tierschutz, betreute eine entsprechende Kolumne in der „Süd-Ost Tagespost“ und engagierte sich für das Tierschutzhaus Arche Noah.
Weitere Verlegungen geplant
In der Oper Graz wurde in Zuge der Einweihung der Stolpersteine eine Gedenkzeremonie abgehalten. Anlass war die Premiere der Oper „Die Passagierin“ von Mieczyslaw Weinberg nach dem autobiografischen Roman der Auschwitz-Überlebenden Zofia Posmysz. Der Verein für Gedenkkultur - Stolpersteine in Graz plant weitere Verlegungen zum Gedenken an vertriebene bzw. ermordete Künstler.
An diese Künstlerinnen und Künstler wird erinnert
Ella Flesch (geb. 1900 in Budapest) hat als Sopranistin an der Wiener Staatsoper debütiert und hatte Engagements und Gastauftritte in ganz Europa. Schon 1933 musste sie die Oper in Leipzig nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten verlassen. Über Brünn kam die gefeierte Sopranistin ans Grazer Stadttheater. Nach dem „Anschluss“ musste sie wieder fliehen, diesmal nach Basel und anschließend in die USA, wo sie ihre Karriere bis zu einem schweren Autounfall im Jahr 1948 erfolgreich fortsetzen konnte. Ihre letzten Jahre verbrachte sie als Musikpädagogin in New York, wo sie am 6. Juni 1957 verstarb.
Fritz Jahoda (geb. 1909 in Wien) war Pianist, Dirigent und Chordirektor und in den 1930er Jahren in Düsseldorf und Köln engagiert. Wie Flesch emigrierte er aufgrund seiner jüdischen Herkunft. Ab Jänner 1935 dirigierte er im Stadttheater Graz. Nach dem „Anschluss“ verlor er seine Stelle in Graz und flüchtete nach Großbritannien und dann in die USA. Dort wirkte er als Musiker und unterrichtete an Hochschulen. Fritz Jahoda verstarb 2008.
Hertha Heger (geb. 1919 in Guntramsdorf/NÖ) war in Graz als Schauspielerin engagiert und wurde im März 1938 aufgrund der jüdischen Herkunft ihrer Mutter aus dem Ensemble des Stadttheaters entlassen. Bis zum Ende des 2. Weltkriegs lebte und arbeitete sie in der Schweiz und anschließend an diversen deutschen Bühnen. 1954 kehrte sie nach Graz zurück, um ihre schwerkranke Mutter zu pflegen und spielte ab diesem Zeitpunkt wieder am Schauspielhaus in Graz, wo sie auch bis zu ihrem Tod im Jahr 2003 lebte.
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