Der überarbeitete Corona-Gesetzesentwurf, der am Mittwoch im Nationalrat zum Beschluss ansteht, ist am Montag einem Expertenhearing im Gesundheitsausschuss unterzogen worden. Einhellige Meinung der von den Fraktionen nominierten Experten: Es gibt deutliche Verbesserungen zum Vorgänger, aber auch Mängel.
Die ÖVP hatte den Linzer Verwaltungsrechtsprofessor Michael Mayrhofer in das Hearing geschickt. Er sah durch den Entwurf einen grundrechtskonformen Vollzug ermöglicht. Dass es aufgrund von Corona einen Lockdown geben könne, habe der Verfassungsgerichtshof bestätigt. Nun werde festgelegt, dass er nur verhängt werden könne, um ein Zusammenbrechen des Gesundheitssystems zu verhindern, und auch dann nur für zehn Tage.
Kritik an fehlenden Ausnahmeregelungen
Auf Wunsch der Grünen trat Georg Krakow von Transparency International ans Podium. Der vorliegende Entwurf enthalte in vielen Bereichen Verbesserungen gegenüber dem geltenden Gesetz und dem - nach der Aufhebung mehrerer Bestimmungen durch den VfGH - zunächst ausgesandten Entwurf, meinte er. Dafür, dass er von einer Regierungsfraktion nominiert war, nannte er aber auch einige sehr zentrale Kritikpunkte: Für die möglichen Betretungsverbote fehlen seiner Ansicht nach die Ausnahmeregelungen, im Gesetz sind sie nur für die Ausgangsbeschränkungen angeführt. Auch dass die Regierung und nicht das Parlament die Gültigkeit des Gesetzes um sechs Monate verlängern kann, kritisierte er. Zumindest der Hauptausschuss solle hier eingebunden werden.
Der von der FPÖ entsandte Völkerrechtler Michael Geistlinger war mit dem Entwurf höchst unzufrieden. Nicht nur kritisierte er, dass die jüngste Fassung des Entwurfes erst seit Sonntagabend vorliege, sondern generell das Vorhaben, ein eigenes Corona-Gesetz zu beschließen. Man hätte es beim Epidemiegesetz belassen können, dessen Entschädigungspflicht sei nun weggefallen. Zudem ortete er, dass sich „die Praxis vom Rechtsstaat zum Polizeistaat zu verschieben begonnen hat“.
Viel milder urteilte der von der SPÖ ins Rennen geschickte Arbeiterkammer-Direktor Christoph Klein. Das Kuriosum seiner Wortmeldung: Er ging lediglich auf die Fassung des Gesetzesvorhabens aus der Vorwoche ein, denn die nun von ÖVP und Grünen geplante Version nach der zweiten Begutachtung sei ihm auf offiziellem Weg nicht zugegangen, wie er danach der APA erklärte. Jedenfalls lobte er den Gesetzwerdungsprozess sowie die Ampelregelung, wenn auch die Entscheidungen zu den Farben nachvollziehbarer sein müssten. Eine weitere Anregung zur Verbesserung: Es fehle ein Ausnahmetatbestand für Besuche in Privatwohnungen etwa bei Verlobten oder älteren, nicht im gleichen Haushalt lebenden Geschwistern.
Von den NEOS war Konrad Lachmayer von der Sigmund-Freud-Privatuni entsandt worden. Auch er stieß sich daran, dass der Zeitpunkt des Außerkrafttreten von der Regierung bestimmt werden soll. Für den Juristen steht dies im Widerspruch zur Gewaltenteilung. Kritik übte er zudem an konkurrierenden Zuständigkeiten bei der Verordnungserlassung zwischen den Behörden und an der zu geringen Transparenz dabei.
Anschober hofft auf breite Zustimmung im Parlament
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) war bei den mehrstündigen Ausführungen der Experten anwesend. Vor Sitzungsbeginn erklärte er vor Journalisten, dass man den Entwurf deutlich optimiert habe und er daher auf breite Zustimmung im Nationalrat hoffe. Zu einer möglichen Blockade im Bundesrat verwies er auf die zentrale Rolle der SPÖ dabei. „Ich habe den Eindruck, dass die SPÖ sich sehr konstruktiv in diesen Arbeitsprozess einbringt“, versprühte Anschober Zuversicht.
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