Samsungs 2. Versuch

Falt-Smartphone Galaxy Z Fold 2 am Prüfstand

Digital
30.09.2020 09:35

Samsungs erstes Falt-Smartphone, das Galaxy Fold, ist noch kein Jahr am Markt, da lancieren die Südkoreaner bereits den Nachfolger: das Galaxy Z Fold 2. Der bietet Verbesserungen wie zusätzliche Bildfläche innen und außen und soll auch robuster als der Vorgänger sein. Mit einem Preis von 2000 Euro ist die 5G-Neuheit aber immer noch unerschwinglich teuer. Wir haben die nächste Evolutionsstufe des Falt-Smartphones ausprobiert.

Die Verbesserungen beim neuen Galaxy Z Fold 2 sind nicht zu übersehen. Dem Konzept des Vorgängers - ein kleines Display für den Alltag außen, ein aufklappbares Lese-Display innen - bleibt man zwar treu, das Außendisplay mit Kamera-Loch ist diesmal aber nicht mehr von einem dicken Rand umfasst, sondern nimmt fast die ganze verfügbare Fläche ein.

Zusammengeklappt hat man es beim Galaxy Z Fold 2 mit einem sehr länglichen und dicken Smartphone zu tun. (Bild: Dominik Erlinger)
Zusammengeklappt hat man es beim Galaxy Z Fold 2 mit einem sehr länglichen und dicken Smartphone zu tun.

Und innen, wo beim ersten Fold noch ein Teil des Displays der Kamera Platz machen musste, hat Samsung ebenfalls Bildfläche gewonnen: Die Kamera, beim ersten Gerät in einer breiten Aussparung oberhalb des Bildschirms untergebracht, lugt nun auch hier aus einem kleinen Loch im Display.

Beim Aufklappen verwandelt sich das lange dicke Smartphone in in Tablet mit fast quadratischem Bildschirm. (Bild: Dominik Erlinger)
Beim Aufklappen verwandelt sich das lange dicke Smartphone in in Tablet mit fast quadratischem Bildschirm.

In Zahlen gefasst, wächst das äußere Display von 4,6 Zoll (1680 x 720 Pixel) auf 6,2 Zoll bei 2260 mal 816 Pixeln Auflösung. Beim Falt-Display innen gewinnt Samsung 0,3 Zoll und springt von 2152 mal 1536 Pixeln bei 7,3 Zoll auf nunmehr 7,6 Zoll bei 2208 mal 1768 Pixel.

Flexible OLED-Displays sind noch sehr neu
Zur Technik: Starr kennzeichnen selbstleuchtende OLED-Panels seit vielen Jahren Samsungs Oberklasse, längst lässt sich auch Apple mit den bei Schwarzdarstellung äußerst sparsamen Displays beliefern. Flexible OLED-Bildschirme sind die nächste Evolutionsstufe, glaubt man in der Technikbranche. Noch sind sie im Gegensatz zu den - abgesehen von Haltbarkeitsdebatten bei Großformaten - gut ausgereiften starren Geschwistern, die solide geschützt hinter einer Glasschicht sitzen, aber eine neue und wenig erprobte Erscheinung.

Neue CPU, weniger Speicher, größerer Akku
Die übrigen Verbesserungen fallen weniger offensichtlich aus: Beim Prozessor gibt es ein Upgrade von Qualcomms Snapdragon 855 auf den neuen 865 Plus, der RAM ist mit zwölf Gigabyte nicht gewachsen, der interne Speicher ist sogar um 256 Gigabyte auf selbigen Wert geschrumpft. Einen microSD-Slot zur Speichererweiterung gibt es nicht. Das Gewicht ist mit rund 280 Gramm fast gleich geblieben, der Akku minimal auf 4500 mAh Kapazität gewachsen. Im Test kamen wir damit gut durch den Tag, bei intensiver Nutzung des Falt-Displays ist nächtliches Stromtanken aber Pflicht.

Das große flexible Display bietet genug Platz für Websites im Desktop-Format. (Bild: Dominik Erlinger)
Das große flexible Display bietet genug Platz für Websites im Desktop-Format.

Das Leistungsplus, das der neue Prozessor bietet, merkt der Nutzer in der Praxis kaum. Schon der Vorgänger bot mehr Leistung, als die meisten Nutzer brauchen und stemmt immer noch mühelos komplexe Smartphone-Spiele und intensives Multi-Tasking. Beim Nachfolger verhält es sich nicht anders. Bei der Konnektivität gibt es ebenfalls kaum einen Unterschied: Die neuesten Bluetooth- und WLAN-Standards werden unterstützt, im Mobilfunknetz kann man theoretisch 5G-Angebote nutzen. Allerdings sind die zugehörigen Tarife noch unvernünftig teuer und die Netze erst im Aufbau. Da kann man auch ruhig noch warten.

Falt-Display sorgt für Wow-Effekt
Der Falt-Mechanismus als solcher und das große, fast quadratische Display an der Innenseite sind immer noch höchst imposant, gerade am Anfang gibt es hier einen gehörigen Wow-Effekt. Das Scharnier hat Samsung verbessert, es macht nun einen ausgereifteren und stabileren Eindruck. Das flexible Display selbst bleibt gewöhnungsbedürftig: Im mittleren Bereich ist ein Falz zu sehen, der im Betrieb aber meist vom Bildschirm überstrahlt wird. Die „Gleiteigenschaften“ bei der Touch-Bedienung sind etwas anders als bei einem Display hinter Glas. Es dürfte mit seinem Kunststoff-Finish auch anfälliger für Kratzer sein als von gehärtetem Glas geschützte Displays.

(Bild: Dominik Erlinger)

Gute Darstellungsqualität am Faltdisplay
Die Darstellungsqualität des flexiblen OLED-Bildschirms lässt wenig zu wünschen übrig. Wie man es von OLED-Technik gewohnt ist, gibt es sattes Schwarz, intensive Farben und viel Kontrast. Die Helligkeit sollte auch für den gelegentlichen Außeneinsatz genügen, wenngleich das Falt-Display hier stark spiegelt. Besser als beim Vorgänger, aber eigentlich nur für Gamer ein Thema: Die Bildrate des Falt-Displays beträgt nun bis zu 120 Hertz, wird dabei softwareseitig an den Bildschirminhalt angepasst. HDR10+ gibt es auch wieder - diesmal auch am Außendisplay.

Außendisplay schont das Scharnier
Tatsächlich wird man viele alltägliche Tätigkeiten ohnehin auf diesem erledigen, statt das neue Falt-Smartphone aufzuklappen. Den Musik-Player steuern, Fotos knipsen, E-Mails oder WhatsApp-Nachrichten beantworten kann man auf dem nun zeitgemäß großen Außendisplay problemlos, auch die Darstellungsqualität - auch hier hat man ein OLED-Display verbaut - überzeugt mit hoher Schärfe, viel Kontrast und guter Farbdarstellung. Ein Haar in der Suppe könnte für manch einen das sehr lang gezogene 25:9-Format sein, das eine sehr schmale Bildschirmtastatur zur Folge hat.

Wie gut das Scharnier langjähriger Nutzung standhält, lässt sich nach dem kurzen Testzeitraum schwer beurteilen. (Bild: Dominik Erlinger)
Wie gut das Scharnier langjähriger Nutzung standhält, lässt sich nach dem kurzen Testzeitraum schwer beurteilen.

Das gut benutzbare Außendisplay sollte den Falt-Mechanismus schonen, den Samsung gegenüber dem Vorgänger mit kleinen Bürsten besser gegen eindringenden Staub geschützt hat und der nun insgesamt einen stabileren Eindruck macht. Er erlaubt es nun auch, das Gerät halb aufgeklappt ähnlich wie ein Notebook auf den Tisch zu stellen. Bei mehrjähriger Nutzung könnte das Scharnier aber wohl trotzdem zum Sorgenkind werden. Wie beim Vorgänger gelobt Samsung, dass das Falt-Display 200.000 Faltvorgängen standhalten soll. Ob dieses Versprechen gehalten wird, lässt sich nach einigen Wochen Test aber nicht beurteilen.

12-Megapixel-System mit drei Kameras
Die Kamera, die recht weit aus dem Chassis hervorsteht und damit relativiert, dass die Neuauflage zusammengeklappt einen Hauch dünner ausfällt als das erste Fold, liefert eine gute Performance ab. Samsung verbaut ein Dreifach-Kamerasystem mit dreimal zwölf Megapixeln, optisch stabilisiert und für „normale“, Weitwinkel- und Zweifach-Zoomfotos konzipiert.

Die Kamera steht leider sehr weit aus dem Gehäuse hervor, was Kratzer begünstigt. (Bild: Dominik Erlinger)
Die Kamera steht leider sehr weit aus dem Gehäuse hervor, was Kratzer begünstigt.

Da hat Samsungs unflexible Oberklasse mit 108-Megapixel-Sensoren natürlich die Nase vorn, im Alltagsgebrauch genügt aber auch das 12-Megapixel-System des Fold 2 für die allermeisten Bedürfnisse. Die lichtstarke (F/1.8) und optisch stabilisierte Hauptkamera löst schnell aus, liefert auch bei schlechterem Licht noch gute Ergebnisse und wird durch Zoom und Weitwinkel sinnvoll ergänzt. Die Frontkameras, die aus dem Display lugen und je 10 Megapixel (F/2.2) Auflösung bieten, sind für Video-Chats völlig ausreichend.

Dass die Kamera weit aus dem Gehäuse hervorsteht, bringt ein Problem mit sich: Egal, wie man das Galaxy Z Fold 2 auf den Tisch legt, es liegt immer auf einer potenziell zerkratzbaren Fläche: der Kamera, dem Außendisplay oder - aufgeklappt - gar auf beidem oder dem empfindlichen Falt-Display. Im Alltagseinsatz ist da eine Hülle ratsam, die diesmal allerdings nicht beiliegt.

Zusammengeklappt ist das Galaxy Z Fold etwa doppelt so dick wie konventionelle Smartphones. Der Fingerscanner ist im Entsperr-Button. (Bild: Dominik Erlinger)
Zusammengeklappt ist das Galaxy Z Fold etwa doppelt so dick wie konventionelle Smartphones. Der Fingerscanner ist im Entsperr-Button.

Software bereits gut angepasst
Die Software hat Samsung für eine so neue Gerätekategorie schon gut an die zusätzlichen Möglichkeiten angepasst: Die vorinstallierten eigenen Tools wechseln nahtlos beim Klappvorgang von einem Display aufs andere und auch andere verbreitete Apps, etwa von Google und Microsoft, machen von beiden Displays Gebrauch. Es gibt aber nach wie vor populäre Apps wie den Browser Firefox, die den schnellen Displaywechsel nicht unterstützen. Die Bedienung hat man geschickt an das Bildformat angepasst: Die Tastatur teilt sich im Tabletmodus in zwei mit dem Daumen gut erreichbare Teile.

(Bild: Dominik Erlinger)

Sauber verarbeitet, aber eher unhandlich
Die Verarbeitungsqualität stimmt: Mit Metallrahmen und matter Glasrückseite macht das Galaxy Z Fold 2 haptisch einen hochwertigen Eindruck. Der seitlich im Entsperrknopf untergebrachte Fingerscanner arbeitet zuverlässig, die Stereo-Lautsprecher liefern guten Klang. Das Gerät fällt allerdings deutlich dicker als konventionelle Smartphones aus, außerdem lässt es sich nicht völlig plan zusammenfalten: Ein schmaler Spalt bleibt. Das vergleichsweise hohe Gewicht und die bulligen Maße machen das Gerät insgesamt etwas unhandlicher als normale Smartphones.

(Bild: Dominik Erlinger)

Das Falt-Display hat seine Stärken
Gut gefallen hat uns das Gerät im Test vor allem als Lese-Tablet: Auf dem breiten inneren Display bringt man locker Websites im Desktop-Format oder auch PDFs in gut lesbarer Größe unter, auch die Nutzung zweier Apps gleichzeitig ist hier möglich. Mit weniger als 300 Gramm ist das Gerät als Tablet angenehm leicht. Quadratische Instagram-Fotos passen perfekt aufs Display, bei 16:9-Inhalten wie Videos bleibt dagegen viel schwarz. Vom großen inneren Display profitiert man auch bei Office-Inhalten - Tabellen, Dokumente, Präsentationen kann man in angenehmer Größe begutachten, mit einer Bluetooth-Tastatur zur Not auch bearbeiten.

(Bild: Dominik Erlinger)

Wie wichtig es dem Nutzer ist, die Tablet-Funktionalität so eines Geräts mit der Mobilität des Smartphones zu vereinen, bestimmt letztlich auch, ob die teure Anschaffung sinnvoll ist. Die Flexibilität geht mit einem Preispunkt von 2000 Euro einher, da könnte man auch ohne Probleme ein Oberklasse-Smartphone und ein teures Tablet mit Eingabestift dazu kaufen. Preisbewusste könnten sich um 2000 Euro komplett ausstatten - mit Notebook, Tablet, Smartphone der Mittelklasse und einer Spielkonsole dazu.

(Bild: Dominik Erlinger)

Fazit: Dass man um 2000 Euro auch eine digitale Komplettausstattung erwerben könnte zeigt, wie weit Samsungs Galaxy Z Fold 2 noch vom Massenmarkt entfernt ist. Auch wenn Samsung an den richtigen Schrauben dreht, mehr Bildfläche und ein robusteres Scharnier einbaut, hat man es beim Galaxy Z Fold 2 immer noch vor allem mit einer eindrucksvollen, aber unvernünftig teuren Tech-Demo mit ungewisser Haltbarkeit zu tun.

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