Weil in einem ihrer Servicecenter über Jahre hinweg Mitarbeiter systematisch überwacht worden sind, ist gegen die schwedische Modekette H&M jetzt am Deutschlandsitz in Hamburg ein Rekordbußgeld von 35,3 Millionen Euro verhängt worden. Der hamburgische Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar sprach von „einer schweren Missachtung des Beschäftigtendatenschutzes am H&M-Standort Nürnberg.“
Im dortigen Servicecenter des Unternehmens sollen mindestens seit 2014 Beschäftigte „umfangreich“ zu ihren privaten Lebensumständen ausgefragt und ihre Angaben in Profilen gespeichert worden sein. Nach Abwesenheiten wegen Urlaub oder Krankheit seien die Angestellten von Vorgesetzten nach konkreten Urlaubserlebnissen beziehungsweise Krankheitssymptomen und Diagnosen befragt worden. „Zusätzlich eigneten sich einige Vorgesetzte über Einzel- und Flurgespräche ein breites Wissen über das Privatleben ihrer Mitarbeitenden an, das von eher harmlosen Details bis zu familiären Problemen sowie religiösen Bekenntnissen reichte“, so die Datenschutzbehörde in einer Mitteilung.
Die Angaben wurden demnach teilweise aufgezeichnet, digital gespeichert und waren mitunter für bis zu 50 weitere Führungskräfte im ganzen Haus lesbar, um Profile „für Maßnahmen und Entscheidungen im Arbeitsverhältnis zu erhalten.“ Erst als die Daten infolge eines Konfigurationsfehlers im Oktober 2019 für einige Stunden unternehmensweit abrufbar waren, flog die Überwachung auf.
Abschreckende Wirkung
„Der vorliegende Fall dokumentiert eine schwere Missachtung des Beschäftigtendatenschutzes am H&M-Standort Nürnberg“, kommentierte Caspar. Das verhängte Bußgeld in Höhe von 35.258.707,95 Euro sei dementsprechend „in seiner Höhe angemessen und geeignet, Unternehmen von Verletzungen der Privatsphäre ihrer Beschäftigten abzuschrecken.“
Dem Hamburger Datenschutzbeauftragten zufolge hat H&M inzwischen ein „umfassendes Konzept vorgelegt, wie von nun an am Standort Nürnberg Datenschutz umgesetzt werden soll.“ Zur Aufarbeitung der vergangenen Geschehnisse habe sich die Unternehmensleitung nicht nur „ausdrücklich bei den Betroffenen entschuldigt. Sie folgt auch der Anregung, den Beschäftigten einen unbürokratischen Schadenersatz in beachtlicher Höhe auszuzahlen“, so Caspar.
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