„Unser gemeinsames Ziel ist es, dass aus der Corona-Krise keine große Sozialkrise wird“ - mit diesen Worten hat am Donnerstag Sozialminister Rudolf Anschober die Marschroute der Bundesregierung für die kommenden Monate festgelegt. Der grüne Minister stellte gemeinsam mit den Leitern des Wirtschaftsforschungsinstituts und des IHS erste Ergebnisse einer umfassenden Studie zu den sozialen Folgen der Pandemie vor und sprach von „ersten wichtigen Aufschlüssen“.
Covid-19 ist nicht nur eine immense Herausforderung für die öffentliche Gesundheit, sondern stellt auch das Sozialsystem vor eine enorme Aufgabe. Die ersten langfristigen Folgen, die sich abzeichnen, zeigten IHS-Chef Martin Kocher und Wifo-Leiter Christoph Badelt in kurzen Referaten vor. So rechnet Kocher mit Mehrkosten für Sozialversicherungen in der Höhe von 100 bis 300 Millionen Euro. Denn höheren Ausgaben stehen geringere Einnahmen wegen des Einbruchs bei den Beschäftigtenzahlen gegenüber. „Der Arbeitsmarkt hat die stärksten Implikationen auf die soziale Situation“, betonte Kocher.
„Tiefste Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg“
Die „tiefste Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg“ müsse auch zu „sozialen Verwerfungen“ führen, so Kocher weiter. Die aktuellen Prognosen zeigen einen Einbruch des Bruttoinlandsprodukts um sechs bis sieben Prozent. Die Arbeitslosigkeit werde auch mittelfristig hoch bleiben, warnte Kocher. Österreich werde erst fünf Jahre nach Ende der Krise vielleicht den Stand vor der Krise erreichen. Wenn es 2021 schon bergauf geht, werde es in Österreich gut gelaufen sein, wenn es länger dauert, werde die Lage kritisch, sagte Kocher.
Badelt gab aber gleichzeitig zu bedenken: „Die Krise ist und war massiv. Sie wurde jedoch durch die Sozial- und Wirtschaftspolitik der Bundesregierung abgefedert.“ Als „einmalig“ in der bisherigen Geschichte Österreichs bezeichnete der Wirtschaftswissenschaftler die Tatsache, dass laut Prognosen das Budgetdefizit innerhalb eines Jahres um zehn Prozentpunkte anstieg. „Wir haben eine historisch einmalige Ausdehnung der Aktivitäten des öffentlichen Sektors.“ Aber das sei auch eine „adäquate Reaktion“ gewesen, gab es auch indirektes Lob für die Krisenpolitik der Bundesregierung.
Die Studie zeigt nämlich, dass das untersten Einkommensfünftel durch Corona-Hilfsmaßnahmen in der Krise sogar an Einkommen (plus 0,7 Prozent) gewonnen hat, während Gutverdiener, die durch die Pandemie arbeitslos geworden sind, den größten Einkommensverlust erlitten haben. Wobei Badelt betonte, dass die Daten derzeit nur Unselbstständige erfassen und deswegen noch keine Detailsicht möglich sei, aber das „Gesamtaggregat“ zeige, dass die Auswirkungen bisher „nicht massiv waren“. „Das betrachte ich als positive Auswirkung.“ Es sei durch Staatshilfen gelungen, die Einkommensverluste in Grenzen zu halten, so Badelt.
Für die Folgewirkungen werde es entscheidend sein, was mit der Kurzarbeit und den Corona-Arbeitslosen passiere. Es müssten unbedingt Anreize gesetzt werden, um aus der Kurzarbeit herauszukommen. Zudem dürften andere Ziele wie die Pflegereform und Klimaschutz aufgrund der Pandemie nicht vergessen und aus dem Fokus verloren werden, appellierte der Wifo-Chef an die Verantwortlichen.
Anschober: Österreich bisher gut durch Krise gekommen
Minister Anschober bekräftigte einmal mehr, dass Österreich bisher gut durch die Krise gekommen sei, man aber nicht nachgeben dürfe. Mit der von ihm in Auftrag gegebenen Studie will er sich die soziale Situation spezifisch anschauen. Denn die Krise habe zu Verschiebungen geführt, denen man auf den Grund gehen und sie analysieren müsse, so Anschober.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.