„Wichtiges Zeichen“
EU-Gipfel: Einigung bei Türkei und Weißrussland
Einigung beim EU-Sondergipfel in Brüssel: Die EU hält im Konflikt um Erdgaserkundungen im östlichen Mittelmeer ihre Sanktionsdrohungen gegen die Türkei aufrecht. Bei ihrem Gipfeltreffen einigten sich die Staats- und Regierungschefs in der Nacht auf Freitag darauf, im Fall neuer einseitiger Maßnahmen der Türkei alle möglichen Instrumente und Optionen zu nutzen, wie aus den Schlussfolgerungen hervorgeht. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zeigte sich in der Früh erfreut darüber, dass es „erstmals klare Sanktionsdrohungen in Richtung Türkei“ gebe, wenn diese „weiterhin Völkerrecht bricht“. Auch der Weg für EU-Sanktionen gegen Weißrussland ist nach einer wochenlangen Blockade frei.
Das sei ein „wichtiges Zeichen der Solidarität gegenüber Griechenland und Zypern“, sei aber auch notwendig, um der Türkei zu zeigen, dass die EU bereit sei, entschlossen zu reagieren, falls die Türkei ihr Verhalten nicht ändere, so Kurz.
„Froh über einheitliche Linie in der Außenpolitik“
Viele EU-Staaten seien „aufgrund der NATO-Mitgliedschaft“ großzügiger gegenüber der Türkei, darum sei er sehr froh über das Ergebnis, so Kurz weiter. „Das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung“, da dies auch Sanktionen gegenüber Weißrussland ermögliche. „Das ist aufgrund der Wahlen, die dort stattgefunden haben, und die weder frei noch fair waren, leider notwendig geworden“, erklärte der Bundeskanzler. Er sei froh, dass die EU eine einheitliche Linie in der Außenpolitik gefunden habe.
Ankara „hat mehrfach rote Linien überschritten“
Er habe sich immer dagegen ausgesprochen, dass gegenüber der Türkei andere Standards gelten sollten als gegenüber anderen Nachbarstaaten, sagte Kurz. Doch auch die Länder, die sonst immer viel Verständnis gegenüber der Türkei hätten, hätten eingesehen, dass Ankara „mehrfach rote Linien überschritten“ habe. Der erste Textentwurf, der dem Rat vorgelegt worden sei, sei nicht nur für Zypern, sondern auch für Griechenland oder Österreich inakzeptabel gewesen, denn hier habe eine klare Verurteilung der Türkei gefehlt.
Merkel wollte im Erdgasstreit vermitteln
Stundenlang rangen die EU-Staaten im Erdgasstreit um eine gemeinsame Linie. Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel warb um ein konstruktives Verhältnis zu dem NATO-Staat, vor allem Zypern und Österreich forderten hingegen neue Sanktionen gegen die Türkei, die offiziell noch immer EU-Beitrittskandidat ist. Hintergrund ist, dass die Türkei im östlichen Mittelmeer Erdgasfelder erforschen lässt, was Griechenland und Zypern für illegal halten. Die EU hatte der Türkei deshalb Ende August ein Ultimatum gesetzt und mit zusätzlichen Sanktionen gedroht.
System zur Konfliktvermeidung im Meer vereinbart
Pünktlich zum Gipfel war bekannt geworden, dass sich Griechenland und die Türkei unter dem Dach der NATO - der beide Staaten angehören - angenähert haben: Sie hätten sich auf einen Mechanismus zur Vermeidung militärischer Zwischenfälle im östlichen Mittelmeer geeinigt, teilte das Bündnis mit. Unter anderem solle eine neue „Hotline“ Konflikte auf See und in der Luft vermeiden.
Erdogan wettert gegen EU
Etwa gleichzeitig meldete sich Präsident Recep Tayyip Erdogan in der Türkei zu Wort und sagte: „Die Europäische Union ist als Geisel der Frechheiten Griechenlands und der griechischen Zyprioten zu einem einflusslosen und oberflächlichen Gebilde ohne Weitblick verkommen.“ Es gebe kein einziges Problem in der Region, das auf Initiative der EU gelöst worden sei.
EU-Gipfel einigt sich auf Sanktionen gegen Weißrussland
An der Einigung zum Thema Türkei hing auch eine zweite wichtige außenpolitische Frage: die Verhängung von längst angekündigten Sanktionen gegen Akteure in Weißrussland wegen Wahlfälschung und Gewalt gegen die Opposition. Zypern hatte ein Veto eingelegt, um auch gegen die Türkei Strafmaßnahmen durchzusetzen. Nun ist der Weg für EU-Sanktionen nach wochenlanger Blockade frei: Zypern zog sein Veto zurück. Die Sanktionen sollen nach Worten von EU-Ratschef Charles Michel sofort in Kraft gesetzt werden.
Auch Nawalny und Berg-Karabach Themen beim Sondergipfel
Michel hatte den zweitägigen Sondergipfel einberufen, um die EU als einige Gemeinschaft und als starken Akteur auf der Weltbühne zu präsentieren. Mit der Türkei und Weißrussland standen auch die Beziehungen zu China, der Konflikt in Berg-Karabach sowie die Vergiftung des Oppositionellen Alexej Nawalny in Russland auf der Tagesordnung. Letzteres verurteilte der EU-Sondergipfel.
In der gemeinsamen Abschlusserklärung heißt es: „Der Gebrauch einer chemischen Waffe stellt einen ernst zu nehmenden Bruch internationalen Rechts dar.“ Man rufe die russischen Behörden dazu auf, vollständig mit der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen zusammenzuarbeiten, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
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