Der Bau des Tesla-Werks im deutschen Grünheide erregt weiter die Gemüter. Denn noch baut der US-Elektroautopionier dort ohne offizielle Genehmigung. In einer achttägigen Erörterung des Bauvorhabens - geplant waren ursprünglich nur drei Tage - forderten Kritiker der Gigafabrik nun Informationen zu den Bauplänen und deren Auswirkungen auf die Umwelt. Zwar nahm über die Tage hinweg die Zahl der Teilnehmer der Veranstaltung in der Stadthalle Erkner südöstlich von Berlin ab, doch auch am letzten Tag, dem Freitag, waren noch rund 30 Leute dort. Jetzt müssen die insgesamt 414 Einwendungen und Anträge geprüft und ausgewertet werden. Die Ergebnisse fließen in die endgültige Entscheidung für oder gegen den Bau ein.
Denn auch wenn der Elektroauto-Konzern aus den USA in Grünheide zum Ärger seiner Kritiker längst Wälder abgeholzt, Fundamente gelegt und die Grundkonstruktionen der Werkhallen errichtet hat - es gibt noch lange keine Baugenehmigung. Bisher bauen die Amerikaner also auf eigenes Risiko. Sollte die Genehmigung nicht kommen, müssen sie alles in den Ausgangszustand zurückführen. Doch das scheint unwahrscheinlich. „Allein in Brandenburg sind seit 2017 über 40 Mal Genehmigungen zu einem sogenannten vorzeitigen Maßnahmenbeginn erteilt worden“, sagte der Brandenburger Wirtschaftsminister Jörg Steinbach in Bezug auf den bereits erfolgten Baubeginn zu Reuters. Ein Rückbau war bisher noch nie nötig.
Der Produktionsstart sei unverändert für den 1. Juli 2021 anvisiert, sagte ein Firmensprecher. Jährlich sollen dann bis zu 500.000 Autos vom neuen SUV Model Y über die Bänder rollen. Während in der Stadthalle Erkner viele darauf hofften, den Amerikanern mit ihrer Kritik an dem Vorhaben doch noch einen Strich durch die Rechnung zu machen, blickt Steinbach längst in die Zukunft. „Die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt werden weit über unsere Region hinaus ausstrahlen - auf den gesamten deutschen und angrenzenden polnischen Arbeitsmarkt“, sagte der SPD-Politiker. Perspektivisch könnten bei Tesla bis zu 40.000 Beschäftigte arbeiten.
Die Behörden wollen trotz des großen öffentlichen Interesses gern so schnell wie möglich Entscheidungssicherheit herstellen. „Die Genehmigungsbehörde strebt an, noch in diesem Jahr zu entscheiden“, sagte Ulrich Stock, einer der Verhandlungsführer beim Erörterungstermin und Abteilungsleiter beim Landesamt für Umwelt, das letztlich auch grünes Licht für die Fabrik geben muss.
„Wir sind nicht gegen die Fabrik“
Tesla gab sich in der Stadthalle Erkner stets ungewohnt gesprächsbereit und signalisierte Entgegenkommen. Zum einen seien die umstrittenen Betonpfähle im Grundwasser reduziert worden, sagte ein Tesla-Sprecher Reuters. Und der prognostizierte Wasserverbrauch sei auf 1,4 Millionen Kubikmeter von zuvor anvisierten 3,3 Millionen verringert worden. Dies brachte dem von Elon Musk geführten Unternehmen bereits die wichtige Zulassung des zuständigen Wasserverbandes ein. „Wir erwarten, dass ein modernes Unternehmen auch modernen Umweltschutz betreibt“, machte Thomas Lilienthal von der anliegenden Gemeinde Rüdersdorf deutlich: „Wir sind nicht gegen die Fabrik, wir wollen nur ausschließen, dass Umweltschäden entstehen.“
Auch eigene Batteriezellenproduktion geplant
Grünheide wird von Musk gern in einem Atemzug mit den anderen Gigafabriken in den USA und Shanghai genannt. Um unabhängiger von Zulieferern zu sein, soll dort auch eine eigene Batteriezellenproduktion aufgebaut werden, bestätigte ein Firmensprecher eine entsprechende Ankündigung von Musk. Steinbach feiert dieses Vorhaben - wie der Bau der Autofabrik noch lange nicht genehmigt - als Bekenntnis zum Wirtschaftsstandort Brandenburg und hofft auf eine Clusterbildung. Ein vorzeitiger Baubeginn für die Batteriezellenproduktion scheint ebenfalls möglich.
In der Stadthalle Erkner fiel öfter der Hinweis, dass sich das Erörterungsverfahren für die Schweinemastanlage im uckermärkischen Haßleben sogar elf Tage hinzog. Tesla dürfte der Vergleich nicht gefallen: Die größte Mastanlage der DDR, die mit dem Antrag zum Leben wiedererweckt werden sollte, wurde nie in Betrieb genommen - jahrelange Gerichtsverfahren nach Klagen verhinderten dies.
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