Im Grunde geht es bei dem Streit erst einmal um den Stoff, aus dem die Jeans sind. Durch das Werk des norditalienischen Malers, der "Meister der Blue Jeans" genannt wird, weil sein wahrer Name nach wie vor unbekannt ist, zieht sich das indigoblaue Gewebe jedenfalls wie ein Leitmotiv. Die Struktur des Stoffes ist genau erkennbar, beim Rock einer ärmlichen Frau ebenso wie bei der Jacke eines Bettlerbuben. Die Bilder sind derzeit in Paris ausgestellt.
"Es gibt blauen Jeansstoff auf jedem Gemälde - bis auf eines", erzählt Gerlinde Gruber, Kuratorin am Kunsthistorischen Museum in Wien, die sich schon vor Jahren auf die Spuren des italienischen Künstlers begeben hat. "Die Arbeiten sind sehr auf Kleidungsdetails ausgerichtet - es war äußerst ungewöhnlich für einen Maler, die arme Bevölkerung mit solchen Einzelheiten zu charakterisieren."
"De Nimes" oder eher "Genes"?
Jahrelang haben Historiker den Vorläufern der Jeans immer zwei Ursprungsgewebe außerhalb der Vereinigten Staaten zugeordnet: einen strapazierfähigen Stoff aus der südfranzösischen Stadt Nimes, wovon sich auch der Name "Denim" ableiten soll, sowie ein Baumwoll-Gewebe aus dem italienischen Genua, wodurch sich aus dem französisch ausgesprochenen Stadtnamen "Genes" das englische Wort "Jeans" entwickelt haben könnte.
Bisher gab es nur Teile von schriftlichen Unterlagen, welche darauf hinweisen, dass billiges Tuch aus Genua per Schiff die nordeuropäischen Länder und insbesondere England in der Mitte des 17. Jahrhunderts überschwemmte. "Es gibt Berichte eines englischen Schneiders, demzufolge sein Gewebe aus Genua kam und wonach dies der Ursprung der Jeans sei", sagt Gruber. "Aber nun haben wir neue Dokumente einer historischen Realität, die vergessen war." Kuratoren zufolge wurde das Blau des Gewebes auf den Gemälden in exakt demselben Indigo-Ton gemalt, der noch heute bei Jeans gebräuchlich ist. Und die Bilder aus der Mitte des 17. Jahrhunderts werden dem Raum Venedig zugeordnet, nicht der Gegend um Genua.
"Amüsante Vorstellung"
"In den Köpfen der Leute sind Jeans immer mit Marilyn Monroe, James Dean und den USA verknüpft", sagt Francois Girbaud, berühmter Jeans-Designer und Partner der Pariser Ausstellung. "Nimes oder Genua? Ich weiß die Antwort auch nicht. Aber ich finde es amüsant, mir vorzustellen, dass Jeans schon 1655 existierten."
Acht Gemälde des unbekannten italienischen Künstlers werden bis November in Paris gezeigt, zusammen mit Werken von Zeitgenossen wie Michael Sweerts oder Giacomo Ceruti. Die Bilder des "Meisters der Blue Jeans", die sich um ärmliche Alltagsszenen drehen, werden von der ausstellenden Canesso-Galerie auf einen Wert zwischen 60.000 und 800.000 Euro geschätzt.
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