Das fünfte Semifinale en suite in Roland Garros war US-Open-Sieger Dominic Thiem nicht mehr vergönnt. Zu groß waren die Strapazen sowohl der Wochen in New York, als auch die kurze Regenerationszeit vor den French Open. Da war dann ein zweites Fünf-Satz-Match in Folge einfach zu viel. Thiem, der zuletzt zweimal en suite auch im Finale in der „Stadt der Liebe“ gestanden war, verpasst damit auch ein neuerliches Kräftemessen mit Rafael Nadal. Dieses bekommt nun Diego Schwartzman. Thiem zieht aus der dramatischen Niederlage trotzdem Mut und Zuversicht.
Schwartzman hatte sich am Dienstag im neunten Duell mit Thiem nach einem 5:08-Stunden-Marathon mit 7:6, 5:7, 6:7, 7:6, 6:2 durchgesetzt. Der 27-jährige Niederösterreicher spielte das 18. Fünf-Satz-Match (Bilanz nun 10:8 Siege) seiner Laufbahn, ein Happyend wie im Finale von New York beim 2:6, 4:6, 6:4, 6:3, 7:6(6) über Alexander Zverev blieb ihm diesmal aber verwehrt.
„Es war ein besonderes Match. Es war das erste Match für mich über fünf Stunden in meiner Karriere, ziemlich brutale Bedingungen, eine richtige Achterbahn-Fahrt“, blickte Thiem zurück. Gelaufen ist er bereits mit dem Reservetank, schon das Fünf-Satz-Match gegen Hugo Gaston mit über 50 Stopps des Franzosen hatte Thiem viel abverlangt. „Das Adrenalin kaschiert sehr viel. Ich bin trotzdem noch hundertmal links und rechts voll gesprintet, so gespürt habe ich es eh nicht“, erklärte Thiem, der auch von Tennis-Experten für seine Fitness viel Lob erhielt. So zum Beispiel von Patrick Mouratoglou, dem Coach von Serena Williams. „Viele fragen sich, wie er noch so viel Energie haben kann. Schaut euch an, wie der Mann trainiert, seine Intensität, seine Arbeits-Ethik und ihr werdet diese Frage nicht mehr stellen“, twitterte der Trainer mit eigener Akademie in Frankreich.
Thiem konstatierte, ihm habe sowohl gegen Gaston als auch gegen Schwartzman „ein ganz kleiner Teil von meiner Intensität gefehlt“. Die Auf und Abs seien in einem Fünf-Satz-Match normal. Dennoch, so Thiem, seien es mehr gewesen als noch in Flushing Meadows. „In den ersten drei Runden habe ich das gar nicht gehabt, in der vierten Runde habe ich mich irgendwie rausgefightet.“ Auch gegen Schwartzman sei das fast noch gelungen. „Aber irgendwann, je später es in ein Grand Slam geht, wird dann einfach der Gegner zu stark. Deshalb hat der Diego auch im fünften hochverdient gewonnen“, war Thiem, der nach dem Aus seinem guten Freund am Netz sehr herzlich gratuliert hatte, sportlich.
Ob er nach all den Anstrengungen auch ein bisschen überrascht sei, dass er sogar noch ein Fünf-Stunden-Match in den Beinen hatte? „Bin ich schon irgendwie. Es stimmt mich auch ein bisserl zuversichtlich für zukünftige Grand-Slam-Turniere, dass ich - auch wenn ich mich nicht mehr tipptop fühle - trotzdem über fünf Stunden auf einem sehr hohen Level spiele.“
Zudem werde er in sein nächstes Major wieder besser vorbereitet hineingehen können. „Es ist natürlich auch ein unglaublicher Erfahrungswert, das erste Mal über fünf Stunden zu spielen.“ Abgesehen vom fünften Satz („da bin ich ein bisserl eingegangen“), habe er körperlich keine wirklichen Probleme gehabt.
Dass trotz kühler, regnerischer Bedingungen das Dach nicht geschlossen wurde, daran wollte er es nicht sonderlich aufhängen. „Die Temperatur ändert sich nicht, wenn das Dach zu ist, weil es eh von den Seiten auch reinbläst.“ Allerdings koste die kühle Temperatur, auch wenn das für alle Spieler gelte, „richtig Kraft“. „Man spielt mit einer unglaublichen Intensität, dann ist der Seitenwechsel und wenn man aufsteht ist man ein bisserl steif, es ist kalt. Es sind für jeden Spieler brutale Bedingungen, aber das ist halt so im Oktober in Paris.“
Bekommen die Politik bzw. die Gesundheitsbehörden die Coronavirus-Pandemie in den Griff, dann werden die French Open 2021 wieder am angestammten Termin Ende Mai/Anfang Juni stattfinden. Bis dahin behält Thiem dank der ATP-Sonderregel die 1200 Punkte des 2019er-Endspiels im Ranking. Seine 1200 Zähler vom Australian-Open-Finale stehen hingegen schon davor auf dem Spiel: beim nächsten Major im Jänner, für das schon jetzt umfassende Sicherheits- und Quarantänebestimmungen bekannt sind.
Doch jetzt wird Thiem endlich einmal ein bisschen seinen ersten Grand-Slam-Titel feiern. „Das habe ich ja noch gar nicht gemacht“, erinnerte Thiem, der nun zweieinhalb Wochen Zeit bis zur Titelverteidigung in Wien hat. Danach stehen noch das Masters-1000-Event erneut in Paris, diesmal im Osten in der Halle in Bercy, sowie die ATP-Finals in London auf dem Plan.
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