Debatte der Vizes
TV-Duell Pence gegen Harris: Angriffspunkt Corona
Die einzige TV-Debatte zwischen US-Vizepräsident Mike Pence und der demokratischen Kandidatin für das Amt, Kamala Harris, in der Nacht auf Donnerstag unserer Zeit wurde vom Corona-Ausbruch im Weißen Haus und zu einem kleinen Teil durch den Auftritt einer Fliege überschattet: Laut einem internen Papier der Katastrophenschutzbehörde haben sich 34 „Mitarbeiter des Weißen Hauses und andere Kontakte“ mit dem Virus infiziert. Harris nutzte das „größte Versagen einer Regierung in der Geschichte unseres Landes“ dann auch zu Angriffen auf Trump, wobei es im Gegensatz zum Duell zwischen dem US-Präsidenten und seinem Herausforderer gesittet zuging. Die Debatte der Vizes gilt als bisher wichtigste ihrer Art.
Vor gut einer Woche hatten sich Amtsinhaber Donald Trump, der ebenfalls an dem Virus erkrankte, am Mittwoch aber bereits erstmals wieder im Oval Office saß, und sein Herausforderer Joe Biden ihre erste TV-Debatte geliefert. In normalen Wahljahren ist das Duell zwischen den Vizekandidaten eher ein Nebenschauplatz, die diesjährige Debatte gilt als bisher wichtigste ihrer Art. Trumps Infektion dürfte den Wählern ein neues Bewusstsein dafür gegeben haben, dass der Vizepräsident die Präsidentschaft während einer Amtszeit übernehmen oder zumindest zeitweise die Macht übertragen bekommen könnte. Biden (77) und Trump (74) sind die ältesten Kandidaten, die sich je auf die Präsidentschaft beworben haben.
„Mr. Vizepräsident, jetzt rede ich!“
Harris (55) und Pence (61) bestritten ihr Duell in Salt Lake City im US-Bundesstaat Utah auf etwa 3,7 Metern Distanz zueinander und getrennt von Plexiglasscheiben. Die Debatte verlief viel geordneter als das Duell von Trump und Biden, das eine Woche zuvor im Chaos versunken war. Der Auslöser dafür war vor allem gewesen, dass Trump immer wieder Biden ins Wort gefallen war. Die Vizekandidaten unterbrachen einander kaum - auch weil Harris zwei Anläufe von Pence mit einem resoluten „Mr. Vizepräsident, jetzt rede ich!“ unterband. Dafür überzog Pence immer wieder die ihm zugeteilte Zeit von zwei Minuten pro Antwort. Er ließ sich auch von der Moderatorin - der Journalistin Susan Page von der Zeitung „USA Today“ - nicht stoppen und redete einfach weiter.
Pence fiel auch damit auf, dass er mehrfach einfach die Fragen ignorierte und stattdessen die Botschaften platzierte, die er unterbringen wollte. So redete er bei einer Frage nach der Position zu Abtreibungen zunächst einmal darüber weiter, wie die Trump-Regierung Irans Top-General Qassem Soleimani mit einem Raketenangriff getötet hatte. Harris betonte mehrmals, dass Biden ein „ehrlicher“ Kandidat sei - im Gegensatz zum US-Präsidenten.
Harris: Kostenloser Impfstoff für die Amerikaner
Harris warf Trump vorrangig Versagen in der Corona-Pandemie vor. „Diese Regierung hat das Recht auf eine Wiederwahl verwirkt“, sagte Harris bei der Debatte. „Das amerikanische Volk ist Zeuge des größten Versagens einer Regierung in der Geschichte unseres Landes geworden.“ Die Amerikaner hätten „Opfer bringen müssen wegen der Inkompetenz dieser Regierung“. Harris sagte, anders als die Trump-Regierung habe Biden einen Plan für den Kampf gegen das Coronavirus. So solle die Kontaktverfolgung verbessert und ein Impfstoff - wenn die Entwicklung abgeschlossen ist - kostenlos zur Verfügung gestellt werden.
Hier können Sie das gesamte Duell nachsehen:
Pence: Präsident hat zahlreiche Menschenleben gerettet
Vizepräsident Pence - der der Corona-Task-Force im Weißen Haus vorsteht - nahm das Krisenmanagement der Trump-Regierung naturgemäß in Schutz. Er verwies ganz auf Trump-Linie darauf, dass der Präsident frühzeitig in der Pandemie Einschränkungen für Reisende aus China und der EU erlassen und damit „zahlreiche Menschenleben gerettet“ habe. In den USA gibt es bisher mehr als 210.000 Todesopfer durch die Pandemie. Pence sagte, Trump und er hätten großes Vertrauen in die Fähigkeit der Amerikaner, die Informationen zum Schutz vor dem Coronavirus selber in die Praxis umzusetzen.
Harris kritisiert Isolationspolitik, Pence weicht Klimawandel-Frage aus
Bei den Positionen der Vizekandidaten gab es keine Überraschungen. Harris warf der Regierung vor, die USA durch die Isolationspolitik unsicherer gemacht zu haben: „Er hat unsere Freunde verraten und sich mit Diktatoren auf der ganzen Welt verbündet.“ Biden wolle im Fall seines Wahlsiegs Trumps Steuerreform rückgängig machen, kündigte Harris an. Pence warf den Herausforderern vor, die Steuern erhöhen zu wollen. Der Frage, ob er den Klimawandel für eine existenzielle Bedrohung hält, wich Pence aus: „Das Klima ändert sich, wir werden der Wissenschaft folgen.“
Trump twittert: „Mike Pence macht das großartig“
Trump verbuchte auf Twitter das TV-Duell natürlich als Erfolg für Pence: Harris sei „eine Ausrutscher-Maschine“, schrieb Trump während der laufenden Debatte. Voll des Lobes war Trump naturgemäß für seinen Vizepräsidenten. „Mike Pence macht das großartig!“
Fliege lenkte Zuschauer vom Thema Polizeigewalt ab
Mehr Reaktionen in den sozialen Medien erzielte aber der „Auftritt“ einer Fliege, die auf Pences fest sitzender Frisur landete und etwa zwei Minuten dort ausharrte. Dies lenkte von einem weiteren wichtigen Thema der Debatte ab: der Polizeigewalt, unter anderem gegen den umstrittenen Fall um die in ihrer Wohnung getötete Breonna Taylor. Harris kündigte im Fall eines Machtwechsels in Washington umfangreiche Justiz- und Polizeireformen an.
Pence warf sie vor, Rechtsextremismus nicht eindeutig zu verurteilen. Sie kündigte an, Würgegriffe bei der Polizei würden unter Biden verboten. Es werde eine nationale Datenbank geschaffen, in der Polizisten registriert würden, die gegen Gesetze verstoßen haben. Privat betriebene Gefängnisse würden abgeschafft, Marihuana entkriminalisiert.
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