Nicht nur so mancher Österreicher, auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat sich nach eigenen Angaben gewundert, warum unser Nachbarland Deutschland besser dasteht, was die Zahl der Corona-Neuinfektionen betrifft. „Was ist euer Geheimnis?“, habe er seinen deutschen Amtskollegen Jens Spahn (CDU) gefragt, als er kürzlich mit ihm telefoniert habe. Die Antwort: das Verhalten der deutschen Bevölkerung.
„Das Mitmachen der Bevölkerung ist da sehr gut“, sagte Anschober am Freitag im Rahmen der Pressekonferenz zur jüngsten Ampelschaltung. In Italien sei das ähnlich - der Minister vermutet dahinter den Schock aus dem Frühjahr, als die Lombardei das am schwersten vom Virus betroffene Gebiet Europas war. Zwar würden auch in den beiden Ländern derzeit die Zahlen wieder steigen, aber längst nicht in dem Ausmaß wie in Spanien, Frankreich oder auch Tschechien.
„Man kann viel beschließen, aber es muss umgesetzt werden“
„Man kann in der Politik sehr viele Maßnahmen beschließen, aber sie müssen gelebt und umgesetzt werden“, so Anschober, der vor dem Wochenende mit etwas Draußen-Wetter ein weiteres Mal an die Österreicher appellierte, zumindest die drei einfachsten Maßnahmen umzusetzen: Abstand halten, den Mund-Nasen-Schutz tragen, wo er verpflichtend oder ein Abstandhalten nicht möglich ist, und die Hygienemaßnahmen einhalten.
Appell vor dem Wochenende: „Entflechten, wo es geht“
Er wolle den „Bewohnern dieses schönen Landes“ mit ins Wochenende geben, dass man sich derzeit durchaus noch draußen treffen könne. „Entflechten, wo es geht“, nannte der Minister als weiteres „Erfolgsgeheimnis“. Denn: „Nur ein Drittel unmittelbare Kontakte zu haben, wäre schon ein großer Schritt.“ Trifft man sich dennoch drinnen, so sei auf das Lüften nicht zu vergessen. Die Nutzung der Stopp-Corona-App legte der Minister seinen Landsleuten zusätzlich ans Herz. Denn die Zahl der Neuinfektionen müsse dringend wieder gesenkt werden.
Lage in Deutschland besser als in den meisten Ländern
Zwar steigt auch in unserem Nachbarland Deutschland die Zahl der Neuinfektionen wieder an, gemessen an der Einwohnerzahl jedoch in einem deutlich geringeren Ausmaß als bei uns. Während in Österreich am Freitag zum vierten Mal binnen einer Woche mehr als 1000 neue Corona-Fälle registriert wurden, waren es in Deutschland mit seinen fast zehnmal so vielen Einwohnern zuletzt rund 4500. Ein sprunghafter Anstieg auf mehr als 4000 Fälle passierte aber erst am Vortag, zuvor waren seit Monaten maximal 2800 Neuinfektionen pro Tag verzeichnet worden.
Frankreich hat rund 67 Millionen Einwohner und muss täglich bis zu 16.000 Neuinfektionen registrieren. In Tschechien, wo rund elf Millionen Menschen leben, vergeht kaum ein Tag, an dem kein neuer Rekord vermeldet wird. Im Schnitt steckten sich dort binnen 14 Tagen 374,6 Menschen je 100.000 Einwohner an - für das deutsche Robert-Koch-Institut ist ein Wert von 50 ausreichend für eine Reisewarnung. Am Donnerstag wurden knapp 5400 neue Fälle verzeichnet - der dritte Tagesrekord in Folge. Das Land wurde vom Corona-Musterschüler zum Sorgenkind.
Aber nicht nur bei den täglichen Werten, sondern auch bei der Gesamtzahl der Infizierten liegt Österreich in Relation zur Einwohnerzahl von 83 Millionen Menschen vorne: Während sich seit Beginn der Corona-Krise in Deutschland 310.144 Personen nachweislich mit dem Virus SARS-CoV-2 infiziert haben, waren es in Österreich mit Stand Freitag, 9.30 Uhr, 53.188.
Deutschland testet in Relation gleich viel wie Österreich
Wer vermutet, dass die Deutschen gar nicht disziplinierter sind, sondern Deutschland einfach nur weniger testet, liegt allerdings nicht richtig: Seit sieben Wochen werden täglich mehr als 200.000 Testungen durchgeführt. Bei uns sind es zwischen 15.000 und 30.000.
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