Streit über Fangrechte
Brexit: Wie viel kostet der Fisch?
Wenige Tage vor dem EU-Gipfel in Brüssel droht Frankreich Großbritannien mit einem Brexit ohne Handelsabkommen. Hintergrund sind Streitereien über Fischerei-Gebiete und Fangrechte. Auch innerhalb der EU ist das Thema nicht unumstritten. Was ist so ein Fisch wohl wert?
„How much is the fish?“ (auf Deutsch: Wie viel kostet der Fisch?), fragte 1998 die deutsche Techno-Kapelle Scooter und landete damit einen Welthit. Warum, das weiß ob des Texts ohne Sinn eigentlich niemand. Genauso werden sich EU-Bürger fragen, warum Frankreich und Großbritannien sich in Fragen der Fischerei nicht annähern können? Die Fischindustrie steuert nicht einmal ein Prozent zur Gesamtwirtschaft beider Länder bei.
Für Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ist der Fischfang im Norden Frankreichs innenpolitisch relevant. Die Briten wollen Quoten verteilen, wie viel die EU in ihrem Gebiet fischen darf. Die eigenen Gebiete reichen für Frankreich nicht aus. Sollte der Brexit ohne Handelsvertrag vonstattengehen und die vom Fischfang lebende Nordregion von britischer Willkür abhängig werden, schrumpft dort die Wirtschaft um ein Drittel. Und die Region ist ohnehin schon ein Kerngebiet des rechtsextremen Rassemblement National von Marine Le Pen. Für die Briten gilt der Fischfang als Symbol, wie Konkurrenz aus dem Ausland die einheimische Wirtschaft übervorteilt. Viele Betroffene gehören zum Wählerklientel von Premierminister Boris Johnson.
„No Deal“ kommt vor faulem Kompromiss
Vor dem EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag telefonierte Johnson sowohl mit Macron als auch mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel. Die will Macron zum Nachgeben überreden. Der will eher den Vertrag platzen lassen, als einen faulen Kompromiss einzugehen. Österreich importiert momentan 95 Prozent des konsumierten Fisches, durch Zölle und unterschiedliche Lebensmittelstandards würde das teurer.
Wie viel kostet also der Fisch? Womöglich das Handelsabkommen. Ach ja, jener von Scooter kostete 3,80 deutsche Mark und schwamm im Aquarium des Probenraums.
Clemens Zavarsky, Kronen Zeitung
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