Drei Jahrzehnte lang verkaufte der Salzburger Offizier M. streng vertrauliche Infos des Bundesheeres an den Geheimdienst in Moskau. Bis das Abwehramt den Verräter aus den eigenen Reihen entlarvte. „Tote Briefkästen“, Geheimtinte, codierte Botschaften via Satelliten - die „Krone“ kennt Details des Wiener Spionage-Krimis.
Es ist eine Geschichte wie ein Film-Thriller. Ein Krimi, der sogar den ewigen Wiener Spionageklassiker „Der dritte Mann“ in den Schatten stellt. In ihrem Mittelpunkt steht Offizier M. Der mittlerweile 71-jährige hochdekorierte Salzburger Militär spionierte rund 30 Jahre für den russischen Geheimdienst. Er wurde dafür im Sommer dieses Jahres zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt.
„Yuri“ - der Beginn einer dubiosen Freundschaft
Begonnen hatte der Agenten-Krimi schon in den späten 80er-Jahren, als M. als einziger Österreicher an einer UNO-Mission zu Chemiewaffen in Irans Hauptstadt Teheran teilnahm. Dort dürfte er sich mit dem russischen Agenten „Yuri“ angefreundet haben. Aus Freundschaft wurde Informationsaustausch, freilich gegen bare Münze - die Spionage nahm ihren Lauf.
Regelmäßige Treffen wurden vereinbart, meist in Bratislava. Aber auch Prag, Budapest, Ljubljana, Zagreb, Warschau und andere Städte dienten als Drehscheibe. In Wien standen „tote Briefkästen“ zur Verfügung. USB-Sticks und SD-Karten wurden hierfür von M. in Baumstümpfen im Wienerwald deponiert und dann von Agenten abgeholt.
Verschwindende Tinte
Auf den Sticks: ein umfassendes Bild über den Zustand des österreichischen Heeres. Was M. alles an die Russen weiterleitete, lässt sich nicht mehr gänzlich nachvollziehen. Doch waren es mutmaßlich Abertausende Bilder, mit Geheimtinte verfasste Dokumente und jede Menge Daten zu Heer und NATO. Vergütet wurden die Dienste teils mit 30.000 Euro im Jahr. Darüber hinaus konnte M. zu jedem Zeitpunkt mit Codes verschlüsselte Nachrichten an russische STRELA-3-Satelliten senden. Präparierte Aktenkoffer zur Verschlüsselung, die Tinte - all das wurde in seiner Salzburger Wohnung gefunden.
Auch nach seiner Pensionierung blieb M. den Russen treu. Angeblich wollte er bereits aussteigen, bloß: Die Russen ließen dies laut eigenen Aussagen nicht zu. Als seine Machenschaften 2018 aufflogen - davor diente er neben „Yuri“ noch weiteren zwei russischen Offizieren -, kooperierte M. mit den Behörden. Er wirkte müde von seiner jahrzehntelangen Tätigkeit. Auch Russland wusste offenbar, dass M. aufgeflogen war. Die letzte Nachricht: Untertauchen.
Stefan Steinkogler und Christoph Budin, Kronen Zeitung
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