Während die Staatsanwälte in ihren Schlussplädoyers einen Schuldspruch für alle Angeklagten gefordert haben, klingt der Tenor der beiden Verteidiger von Karl-Heinz Grasser am 167. Tag im Buwog-Prozess ganz anders: „Nur ein Freispruch ist denkbar“, ist das Duo überzeugt. Die Anwälte nahmen vor allem die beiden Ankläger aufs Korn, denen sie unfaires Verhalten vorwarfen. Dem Schöffensenat, also Berufs- und Laienrichter, gaben sie für die Beratung mit auf den Weg: „Bleiben Sie kritisch.“ Und meinten: kritisch gegenüber Indizien und angeblichen Belastungszeugen.
Zuerst war Manfred Ainedter am Wort, der seit Beginn der Ermittlungen im Jahr 2009 den früheren Finanzminister durch das Strafverfahren begleitet hat. Er begann seine Rede mit einem Schuss Selbstkritik: „Ich konnte mir nicht vorstellen, dass die Sache überhaupt angeklagt wird, und habe das Karl-Heinz Grasser auch gesagt. Es kam dann ganz anders.“ Weshalb der erfahrene Anwalt einen hohen Justizfunktionär zitiert, der heftige Kritik an der langen Verfahrensdauer übte: „Es darf nicht sein, dass das Verfahren die Strafe ist.“
Anwalt: „Ungeheure mediale Vorverurteilung“
In weiterer Folge beschäftigte sich Ainedter mit zwei Zeugenaussagen, die Grasser belasten. Beide Männer würden lügen, ist der Anwalt überzeugt. Und noch etwas ist für ihn klar: „Es gab für Grasser eine ungeheure mediale Vorverurteilung. Hier ist eine juristische Vendetta im Gange.“ Und er kommt zum Schluss: „Man kann Grasser nur freisprechen.“
Während Ainedter, ganz „oldschool“, wie er betont, ohne Folien und Projektor auskommt, verwendet Kollege Norbert Wess diese, um wichtige Zitate an die Leinwand zu werfen oder Zeugenaussagen zu vergleichen. Vor allem ärgert ihn die Behauptung der Staatsanwälte, dass im Bieterverfahren Karl-Heinz Grasser als Einziger das entscheidende Anbot der CA-Immofinanz von 960 Millionen Euro gewusst hat. Wess: „Aufgrund der uns vorliegenden Unterlagen, und hier fehlen uns viele, gab es damals etwa hundert Personen, die diese Information hatten.“ Somit hätten auch hundert Personen diese weitergeben können.
Grasser bestreitet Erhalt von „Provision“
Letztlich blieb die Konkurrenz, die Immofinanz, mit einem Preis von 961 Millionen Euro siegreich. Sie zahlte eine „Provision“ von zehn Millionen Euro, von der Grasser zweieinhalb Millionen erhalten haben soll. Was der Ex-Politiker heftig bestreitet. Wess zerpflückt einen weiteren Vorwurf gegen seinen Mandanten: „Die Anklage sagt, er hat ein zweites Bieterverfahren initiiert, damit er etwas beeinflussen kann. Er hat nichts beeinflusst und das zweite Bieterverfahren kam nur auf Anraten der Experten zustande.“
Strafverteidiger Wess (Bild oben) beschäftigte sich in der Folge mit den vielen Widersprüchen, auch in der Anklage: „Hier heißt es, Grasser habe zwischen 4. und 7. Juni 2004 den Angebotspreis der CA-Immo verraten. Aus den Zeugenaussagen wissen wir, dass Grasser erst am 7. diese Zahl überhaupt erfahren hat.“ Zuletzt erwähnt er Grassers Ehefrau Fiona, die von ihrem Recht Gebrauch machte, sich der Aussage entschlagen zu können: „Ich bin daran schuld, dass sie hier nicht ausgesagt hat. Sie hätte sich hier keine falsche Zeugenaussage oder das Ausstellen einer falschen Bestätigung vorwerfen lassen. Da wäre es zu einem Eklat gekommen.“
Schließlich war auch er überzeugt: „Es kann für Karl-Heinz Grasser nur einen Freispruch geben. Es gab keine Tathandlung und ohne Tathandlung kann es keinen Schuldspruch geben.“ Am Donnerstag sind die Schlussworte der Angeklagten am Programm.
Peter Grotter, Kronen Zeitung
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