- In die Depression geschlittert: Ex-Teamspieler Tommy Höller ging durch die Hölle.
- Sport-Sucht trieb einstige FCK-„Rakete“ ins Abseits. „Ich hatte Angst vor mir selbst“
- Mit der „Krone“ spricht der 44-jährige Trainer offen, wie noch nie - auch über dunkle Gedanken
- Sein neues Ziel: Er will wieder als Profi-Coach durchstarten!
Ganze 114 Mal hatte Tommy Höller in der Bundesliga die linke Seite für den FC Kärnten und Bregenz beackert, lief in der 2. Liga 104-mal auf, durfte zweimal im Team unter Hans Krankl ran. „Ja, ich war 42 Jahre lang auf der Sonnenseite des Lebens. . .“, erzählt der heute 44-Jährige.
Bis der Regen kam, der Tsunami über Tommy einbrach. In dem er fast ertrunken wäre, hätte er am 24. August 2019 nicht den Rettungsanker geworfen. „Da wusste ich – ich schaffe es nicht mehr alleine“, rekapituliert Höller jenen Tag, an dem er sich quasi selbst ins Spital in Eisenstadt einwies. Diagnose: Überlastungssyndrom, mittelschwere Depression.
Davor hatte der Bleiburger drei Jahre am Limit gelebt. „Ich kannte keine Grenzen, kein Verlieren, wollte nur das Beste, war nie zufrieden. Diese Eigenschaft hat mir aber fast alles genommen“, erzählt Tommy der „Krone“ heute.
Zehn Stunden Training
Sein „Streben nach Mehr“ manifestierte sich in einer Sport-Sucht. Neben seinem ohnehin anspruchsvollen Hauptjob als Mattersburg-Co-Trainer und seiner Selbstständigkeit, suchte Höller einen Ausgleich im Triathlon. Und übertrieb. Maßlos. „Ich bin da monatelang um Mitternacht ins Bett, um 4 Uhr auf, habe dann teilweise bis zu zehn Stunden trainiert, dazwischen gearbeitet, bin am Wochenende oft 280 km nach Kärnten.“
Erste Anzeichen einer Überlastung hatte er. „Es waren leichte Panikattacken, sogar am Fußballplatz als Coach. Eine schwere nur einen Monat vor dem Kärnten-Ironman. Ich bekam wieder Druck in der Brust, keine Luft mehr. Da dachte ich, ich muss sterben. Was tat ich? Ich hab’ unter zehn Stunden gefinished, mich sogar für die EM qualifiziert. Irre.“
Gestartet ist er da nicht mehr, landete eben in der Klinik. Aus der er nach 19 Tagen rauskam – und dann durch die Hölle ging. . .
„Angst vor mir selbst“
Höller musste sich lange diversen psychiatrischen Behandlungen stellen. „Ich war auf Sport-Entzug, wie ein Alkoholiker, der nicht mehr trinken darf. Nach wenigen Stufen war ich fertig, hatte Angst spazieren zu gehen, in einem Lokal zu sitzen, Auto zu fahren – nichts ging mehr. Ich hatte Angst vor der Angst, vor mir selbst. Und ja, ich hatte ganz dunkle Gedanken. . .“
Profi-Comeback?
Familie, Freundin Nicole oder Kumpel Michi Ziehaus zogen Tommy aber mit raus. „Ohne sie wär’ ich wohl nicht hier. . .“
Nicht zurück als Coach an der Seitenlinie von Liga-Klub St. Michael/Bl. - nachdem er all seine Rennräder gegen ein Waffenrad getauscht hat. Und vor allem nicht zurück auf der Sonnenseite des Lebens. „Auch wenn es dunkle Wolken teils noch gibt, zwei, drei Jahre geben wird - ich habe mich zurückgekämpft“, strahlt Höller.
Und definiert neue Ziele: „Solche harten Rückschläge können einem im Leben immer helfen – mit dieser Erfahrung will ich nun wieder ins Profigeschäft!“
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