„Gang Bang Bus“

FPÖ/Strache: Kopfschütteln um peinliche Chats

Politik
16.10.2020 11:57

Die ehemalige und aktuelle FPÖ-Spitze unter ihrem Ex-Chef Heinz-Christian Strache sieht sich mit neuen Postenschacher-Vorwürfen konfrontiert. Neue - vom Wortlaut her äußerst peinliche - Chatprotokolle deuten auf interne Absprachen hin, konkret geht es um die Bestellung des Immobilienunternehmers Siegfried Stieglitz zum Aufsichtsratsvorsitzenden der Asfinag und um Absprachen im ORF. Die NEOS zeigen sich darüber schockiert.

Stieglitz war am 2. März 2018 vom damaligen FPÖ-Infrastrukturminister Norbert Hofer in den neu konstituierten Asfinag-Aufsichtsrat entsendet worden. Bereits im August 2019 wurde dann bekannt, dass Stieglitz in den Jahren 2017/18 an den FPÖ-nahen Verein „Austria in Motion“ gespendet haben soll. Stieglitz habe laut „profil“ zwar eingeräumt, dass er Geld gab, bestritt aber die im Raum stehende Höhe von 20.000 Euro. Ende Februar 2020 veranlasste Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) wegen der Spenden-Causa die Abberufung von Stieglitz.

Wahlkampf-Bus kostenlos bereitgestellt?
In einem dem „profil“ nun neu vorliegenden Bericht der Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zur Causa Stieglitz zeigen Chat-Verläufe, dass Stieglitz die FPÖ auch mit der Bereitstellung eines Wahlkampf-Busses für die Nationalratswahl 2017 unterstützt haben dürfte - und zwar kostenlos, wie die WKStA vermutet. Denn bereits am 19. Juni 2017 postete Strache eine Nachricht in eine gemeinsame Chatgruppe mit Ex-Klubobmann Johann Gudenus und den damaligen FPÖ-Generalsekretären Herbert Kickl und Harald Vilimsky: „Das kann unser NR-Wahlbuss (sic) werden. Sigi Stieglitz stellt ihn kostenlos zur Verfügung ... Aussenbeklebung (sic) natürlich durch uns möglich!“

Vilimsky: „Geiles Teil!!!“
Dazu verschickte Strache Fotos des Gefährts. Vilimsky antwortet: „Geiles Teil!!!“ - und schlug gleich eine Weiterverwendung nach der Wahl vor: „Nach dem 15. Oktober machen wir dann einen Gang Bang Bus draus“, Strache replizierte: „Du böser (sic)!“ Am 9. Oktober 2017 schrieb Strache an Stieglitz: „Herzlichen Dank, lieber Sigi... mit deinem Bus haben wir auch den Längsten und sind den anderen um Längen voraus :-)“

„Norbert hat mir zugesichert, mich in einen Aufsichtsrat zu entsenden ...“
Am 23. Jänner 2018 - die FPÖ befand sich bereits in der türkis-blauen Koalition - erinnerte Stieglitz dann Strache an offenbar gemachte Zusagen: „Zuletzt hat mir Norbert in einer persönlichen Besprechung zugesichert, mich in einen Aufsichtsrat zu entsenden. So wie von uns - Norbert, Dir und mir - im Sommer besprochen und geplant. Weißt Du schon näheres (sic)? Bitte sprich mit ihm mal.“ Nach weiterer Nachfrage antwortete Strache: „Ja, werde mit ihm reden. Kontaktiere du ihn auch!“ Am 2. März 2018 wurde Stieglitz zum Asfinag-Aufsichtsrat bestellt.

Strache: „Wird Stieglitz eh ÖBB-Aufsichtsrat?“
Doch das dürfte Stieglitz und Strache nicht genug gewesen sein. Ende September 2018 fragte Strache via Chat den damaligen Generalsekretär im Verkehrsministerium, Andreas Reichhardt: „Wird Sigi Stieglitz eh ÖBB-Aufsichtsrat?“ Und am 23. Oktober schickte Stieglitz an Strache ein Foto von sich und Hofer - und schrieb tags darauf: „Danke Dir für Deine Unterstützung!!!! Norbert hat mich gestern gefragt, ob ich ihm als Aufsichtsrat in die ÖBB Holding reingehe - sobald ein Sitz frei wird - was im März/April 2019 soweit sein wird!“

Ende Jänner 2019 erfuhr der Unternehmer offenbar vom damaligen ÖBB-Aufsichtsratsvorsitzenden Gilbert Trattner, dass dieser andere Pläne hatte. In den folgenden Monaten bot Strache Stieglitz andere Posten an - doch dann folgte die Veröffentlichung des Ibiza-Videos und das Aus der Koalition.

(Bild: Screenshot spiegel.de)

Auch SMS-Nachrichten über angebliche ORF-Posten-Absprachen
Neben der Causa Stieglitz sollen die vorliegenden Chats auch auf Absprachen zwischen FPÖ und ÖVP zu Postenbesetzungen bei ORF Online hindeuten. In einer im Mai 2019 von ORF-Stiftungsratschef Norbert Steger weitergeleiteten SMS von Reinhard Teufel, dem damaligen Kabinettschef von Ex-Innenminister Herbert Kickl, soll von einer „Übereinkunft“ mit der ÖVP die Rede sein. Darin soll unter anderem der Posten des Online-Chefredakteurs fixiert worden sein.

Ermittlungen gegen Hofer
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt mittlerweile auch gegen den nunmehrigen Dritten Nationalratspräsidenten und FPÖ-Chef Hofer wegen des Verdachts der Geschenkannahme. Hofer betonte stets, nichts von den Spenden gewusst zu haben.

Wrabetz soll aussagen
Empört über die neuen Chat-Protokolle zeigten sich die NEOS. „Es ist unfassbar, mit welcher Dreistigkeit unter der Regierung Kurz I Posten verschachert wurden“, sagte Stephanie Krisper, NEOS-Fraktionsführerin im Ibiza-Untersuchungsausschuss. Sie wolle ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz demnächst in den Ausschuss laden.

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