Forschern unter der Leitung der Technischen Universität Kaiserslautern (TUK) und der Universität Wien ist es gelungen, den Grundbaustein für einen neuartigen Computerschaltkreis zu konstruieren: Statt Elektronen übernehmen Magnonen im Nanoformat die Informationsübertragung. Der sogenannte magnonische Halbaddierer benötigt nur drei Nanodrähte und weitaus weniger Energie als moderne Computerchips.
Die Komponenten des Nanoschaltkreises messen weniger als ein Mikrometer, sind weitaus dünner als ein menschliches Haar und selbst unter dem Mikroskop kaum sichtbar. Der Schaltkreis setzt sich aus drei Nanodrähten zusammen, die aus einem magnetischen Material namens Yttrium-Eisen-Granat bestehen. Die Drähte werden eng aneinander liegend positioniert, um zwei Richtungskoppler zu bilden, die die Magnonen durch die Drähte führen. Magnonen sind Quanten von Spinwellen - man kann sich diese wie Wellen auf der Oberfläche eines Teiches vorstellen, nachdem ein Stein hineingeworfen wurde. In diesem speziellen Fall werden die Wellen allerdings durch Verzerrungen in der magnetischen Ordnung eines festen Materials auf der Quantenebene gebildet.
Beim ersten Koppler, bei dem zwei Drähte sehr nahe aneinander liegen, wird die Spinwelle in zwei Hälften geteilt. Eine Hälfte geht zum zweiten Koppler, wo sie zwischen den Drähten hin- und herspringt. Abhängig von der Amplitude tritt die Welle entweder am oberen oder am unteren Draht aus, was einer binären „1“ bzw. „0“ entspricht. Da die Schaltung zwei Richtkoppler enthält, die zwei Informationsströme addieren, bildet sie einen Halbaddierer, eine der universellsten Komponenten von Computerchips. Millionen dieser Schaltkreise können kombiniert werden, um immer komplexere Berechnungen und Funktionen durchzuführen.
„Was in normalen Computern typischerweise Hunderte von Komponenten und 14 Transistoren erfordert, benötigt hier nur drei Nanodrähte, eine Spinwelle und nichtlineare Physik“, bringt es Philipp Pirro von der TUK auf den Punkt.
Zukünftige Anwendungen
Pirro, der zurzeit an der TUK im Rahmen des Sonderforschungsbereichs „Spin+X“ das Fachgebiet des Spintronic-Computing (Spintronic = Spin Elektronik) leitet, wird jetzt den Einsatz des Magnon-Schaltkreises für das neuromorphe Rechnen erforschen. Hierbei geht es nicht um Datenverarbeitung nach dem binären Prinzip, sondern vielmehr darum, sich der Funktionsweise des menschlichen Gehirns anzunähern. Denn Spinwellen sind für ein komplexeres Design wesentlich besser geeignet. Sie haben auch das Potenzial, deutlich mehr Informationen zu transportieren, weil sie zwei Parameter bieten - die Amplitude, also die Wellenhöhe, und die Phase, sprich den Wellenwinkel. Beim aktuellen Ansatz hatte das Team die Phase noch nicht als Variable verwendet, um ihn für die binäre Datenverarbeitung möglichst einfach zu halten.
„Wenn dieses Gerät bereits mit CMOS konkurrieren kann, auch wenn es nicht die volle Leistung des wellenbasierten Ansatzes nutzt, können wir ziemlich sicher sein, dass ein Konzept, welches das volle Leistungsspektrum der Spinwelle nutzt, in speziellen Bereichen effizienter sein kann als CMOS“, sagt Pirro. „Denn das ultimative Ziel ist natürlich die Kombination der Stärken der CMOS- und der Magnonik-Technologie.“
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