Ein SS-Offizier verliebt sich in Auschwitz in eine Jüdin. Wer sich als Autor so eine Liebesgeschichte einfallen ließe, müsste sich wohl auf arge Kritik gefasst machen. Ein Dokumentarfilm erzählt nun die wahre Geschichte einer solchen tragischen und verbotenen Beziehung angesichts von Gaskammern und Verbrennungsöfen. „Liebe war es nie“ (Kinostart: 23. Oktober) von Maya Sarfaty berichtet von Helena Citron und Franz Wunsch.
Schon als Kind habe sie von ihrer ersten Schauspiellehrerin, die Citrons Nichte war, von dieser Geschichte erfahren, erzählt Regisseurin Sarfaty, 1982 geborene Absolventin der Filmakademie der Universität Tel Aviv. Lange habe sie nach der richtigen Erzählweise für diese unglaubliche Geschichte gesucht. In „Liebe war es nie“ hat sie diese ohne Zweifel gefunden.
Zum einen konnten nicht nur zahlreiche Zeuginnen, sondern auch zwei wesentliche Protagonistinnen interviewt werden: Helena Citron selbst, die als Zipora Tahori in Israel lebte, und ihre ältere Schwester Rosa (Shoshanna Orenstein), die von Wunsch auf Intervention von Helena im letzten Augenblick vor der Gaskammer gerettet wurde, während aber ihre Kinder ins Gas geschickt wurden - eine Ursünde, die auch die Beziehung der Schwestern lange sehr belastete. Von Franz Wunsch fand sich eine private Filmaufnahme, in der er seinen eigenen Kindern über seine damalige Liebe berichtete.
Zum anderen ist „Liebe war es nie“ (der Titel bezieht sich auf ein Lied, das die hoch musikalische Helena angeblich im Lager gesungen und damit die Aufmerksamkeit des seinen Geburtstag feiernden SS-Offiziers geweckt hat) auch ästhetisch ungewöhnlich umgesetzt: Ausgehend von einer Manie des Lageraufsehers, aus einem im KZ aufgenommenen Foto seiner jungen Geliebten deren Kopf auszuschneiden, in andere Fotos einzusetzen und sich so eine mögliche glückliche Beziehung unter gänzlich anderen Umständen zu konstruieren, gestaltet Maya Sarfaty Szenarien und Dioramen der Erinnerung. Diese Kamerafahrten in zurechtgerückte Konstellationen illustrieren die Erinnerungen, ohne ihnen aufdringlich nahe zu kommen.
Das sagt „Krone“-Kinoxpertin Christina Krisch zum Film: Historie, befreit aus der anonymen Starrheit von Geschichtsbüchern, in denen zwischenmenschliche Unwägbarkeiten keinen Platz finden. Zwei Leben, ein Drama und die unauslöschbare Schuld einem ganzen Volk gegenüber.
Kinostart von „Liebe war es nie“: 23. Oktober.
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