Mit 11 Jahren an der Musikhochschule, mit 12 die erste Oper geschrieben, mit 19 ein Orchester dirigiert - und mit 25 nun jüngster Chefdirigent Europas. Die internationale Klassikwelt hat mit Patrick Hahn aus Eggersdorf ihren neuen Star entdeckt.
Von dieser Bilderbuchkarriere hat Patrick Hahn nie geträumt. Das Träumen hat sich der Musikbesessene abgewöhnt, denn fast alles ist ihm zu schnell in den Schoß gefallen. Der 25-Jährige hat den klassischen Werdegang eines international gefragten und gefeierten Dirigenten neu interpretiert - das Musik-Gen kann es jedenfalls nicht sein. Die Eltern, die Mutter ist Industriekauffrau und Schlager-Fan, der Vater pensionierter Schlosser, haben die bedingungslose Freude an der Musik mit ihrem Sohn zwar nicht geteilt, aber gefördert.
„Als ich an meiner Frittaten-Oper gebastelt habe, jede Partitur einzeln ausgeschnitten und zusammengeklebt habe, wurde mir klar, dass Musik das Einzige ist, was ich beruflich machen möchte.“ Schon mit 11 Jahren wurde der smarte Blondschopf mit großer Brille in die Klavierklasse der Grazer Musikhochschule aufgenommen. Die ersten Talentproben an der Kirchenorgel und im Pflegeheim Laßnitzhöhe, wo Hahn noch immer am uralten Flügel kleine Konzerte für Patienten spielt („für mich das dankbarste Publikum“), folgten.
Euphorie um junges Talent
Euphorisch wird Hahn mittlerweile in die heimische Dirigentenriege mit Böhm, Stolz und Harnoncourt eingereiht. Auch zuhause in Eggersdorf hat sich das Interesse an seiner Person verändert. „Wenn ich sonntags die Orgel spiele, werde ich sogar extra in der Kirche angesagt. Das ist mir ein bisserl unangenehm!“
Besondere Freude zeigt man speziell an der Bestellung zum jüngsten Generalmusik-Direktor im deutschen Wuppertal. „Wobei einige zuhause glauben, dass dieser Direktor etwas mit einer Schönheitsklinik zu tun hat“, scherzt Hahn. Dieser begehrte Job in der 350.000 Einwohner zählenden Stadt war wie vieles im Leben des Frühreifen alles andere als geplant.
„Herausforderung und Gratwanderung“
Sein künstlerisches, aber auch menschliches Feingefühl überzeugte bei einer Probe so sehr, dass der steirische Dirigent von den Orchestermusikern zur Bewerbung quasi „genötigt“ wurde. Einhundert Bewerber ließ Hahn hinter sich, er hat nun mit dem Symphonieorchester Wuppertal ein beachtliches Kulturunternehmen mit großer künstlerischer und auch wirtschaftlicher Verantwortung zu dirigieren. „Es ist für mich Herausforderung und Gratwanderung zugleich, Freundschafts- und Arbeitsbeziehung zu trennen, um der Chefstelle gewachsen zu sein.“
An seiner Autorität braucht Hahn nicht zu zweifeln, die hat er als Dirigent namhafter Welt-Orchester von Hamburg bis Tokio bereits bewiesen. „Den Orchestermusikern ist es völlig wurscht, wie jung oder alt man ist. Es zählen Können, respektvoller Umgang und ein natürliches Miteinander“, ist sich Hahn auch seiner psychologischen Führungsqualitäten mit solider Bodenhaftung sicher.
Bevor er ab Sommer 2021 als Chef für drei Vertragsjahre in Wuppertal überzeugen kann, wird Patrick Hahn im November das Philharmonische Orchester Borusan in Istanbul (Türkei) dirigieren. Ein weiterer Meilenstein einer temporeichen Karriere, die noch viel erwarten lässt.
Erich Fuchs, Kronen Zeitung
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