Wenn wir aus dem Fenster schauen, sehen wir Herbst, Grau in Grau, Regen. Aber wir erinnern uns all an die Hitzesommer: Äcker, Wälder und Wiesen müssen Betonburgen weichen, und die werden zu bewohnten Öfen.
Es gibt im Sommer einen Witz, der gar keiner ist: Bewohner von Dachterrassenwohnungen sollen doch bitte die Fenster schließen, es ist draußen sowieso schon heiß genug.
Der Hitzeeffekt in Städten bringt die Bewohner um den Schlaf: Asphalt, Beton und dunkle Steine heizen sich am Tag in der prallen Sonne auf, geben die gespeicherte Wärme dann nachts großzügig ab. Wie Brennstäbe, die nicht aufhören wollen zu glühen. Hohe Gebäude in Kombination mit engen Straßen erwärmen zudem die zwischen ihnen eingeschlossene Luft und verringern so den Durchzug. Im Schnitt führen diese Faktoren zu einem Temperaturunterschied zwischen Stadt und Land von bis zu zwölf Grad.
Es gibt eine Prognose am Beispiel Wien, die uns noch lehren wird, die Winter zu genießen: Die Bundeshauptstadt könnte bis 2050 ähnlich der nordmazedonischen Hauptstadt Skopje werden, zumindest was das Klima betrifft. Demnach liegt Wien mit einem Anstieg der registrierten Höchsttemperatur von plus 7,6 Grad in Europa im Spitzenfeld.
Wo viele wohnen, wird es besonders heiß
Das in Verbindung mit Verbauung, Bodenaustausch, Versiegelung, der Zerstörung von Grünflächen für Siedlungen, Einkaufszentren, Industriehallen usw. ist eine gefährliche Kombination: Denn dann gibt es noch mehr Häuser, die sich in den Sommern aufheizen, und noch weniger Grünraum für die Flucht vor tropischen Temperaturen.
Die Stadt Wien hat eine Hitzekarte erstellen lassen mit Bereichen, die immer heißer werden: Sie weist zehn Gebiete aus, die am dringendsten Abkühlung benötigen. Diese befinden sich vorwiegend in Favoriten, Ottakring und Margareten rund um den Gürtel.
Und „Überraschung“: Diese Zonen gehören zu besonders dicht besiedelten Gebieten. Also greifen Städte zu Maßnahmen im Kampf gegen die Sommerglut. Man begrünt Gebäude, installiert Sprühnebel. Wien stellte einen Pool neben einer Hauptstraße auf. Alles nur mikroskopisch kleine Eingriffe am Patienten Klima. Denn parallel dazu werden weiterhin täglich alleine in Österreich mehr als 13 Hektar Äcker und Co. zerstört für Bauten, die dann wieder panikartig begrünt werden. Ein Teufelskreis.
Kommentar von Brigitta Hollosi, Klimaforscherin der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG):
Wir von der ZAMG beschäftigen uns mit der städtischen Wärmebelastung und messen die Temperaturen in der Stadt. Festzuhalten ist, dass in Städten durch die Betonbauten automatisch mehr Wärme gespeichert wird. Wir beobachten immer einen Zeitrahmen von 30 Jahren. Die Anzahl der Hitzetage, also jene, an denen Temperaturen über 25 Grad gemessen werden, beläuft sich in Wien derzeit auf 45 Sommertage. Vor 30 Jahren waren es noch zwei Drittel weniger. 2100 soll sich diese Zahl verdoppeln, sprich es gibt 90 Hitzetage. Um diese Entwicklung zu stoppen bzw. einzudämmen, braucht es klimapolitische Lösungen.
Große Flächen in der Stadt zu verbauen trägt nicht dazu bei, die Stadt kühler zu machen.
Brigitta Hollosi, ZAMG
Große Flächen in der Stadt zu verbauen trägt nicht dazu bei, die Stadt kühler zu machen. Besser wäre es, bestehende Gebäude und Wohnflächen zu nutzen, diese zu sanieren und energieeffizienter zu gestalten, als neue Betonklötze zu errichten. Sind diese Neubauten unumgänglich, muss wenigstens auf klimatologische Lösungen, wie die Begrünung der Dächer, geachtet werden. Diese gestalten sich mancherorts aber schwierig aufgrund von Denkmalschutzbestimmungen. Grüne Stadtteile sind enorm wichtig für die Reduzierung von Hitze. Aber auch weiße Stadtteile sind wertvoll, dabei handelt es sich um Gebäude in hellen Farben, da diese die Wärme weniger lang speichern. Auf höhere Temperaturen werden wir uns in den nächsten Jahren aber jedenfalls einstellen müssen.
Lesen Sie demnächst: Wie unsere Landwirtschaft unter dem Betonwahn leidet.
Kronen Zeitung
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