Am 3. November wird nicht nur über den künftigen US-Präsidenten entschieden, sondern auch über zahlreiche Gesetzesinitiativen in den einzelnen US-Bundesstaaten. In Kalifornien steht mit der „Proposition 22“ ein heiß umstrittenes Thema vor einer Entscheidung an der Wahlurne: Es geht um die Rechte von Arbeitenden in der sogenannten Gig-Economy. Im Mittelpunkt des Streits stehen die beiden Fahrdienstvermittler Uber und Lyft, die ihre Fahrer nicht anstellen wollen.
Ein Gesetz, das mit 1. Jänner in Kalifornien in Kraft getreten ist, regelt genau, wer angestellt werden muss und wer als selbstständiger Unternehmer gilt. Doch die Konzerne Uber und Lyft argumentieren, Anstellungen kämen ihnen zu teuer und würden ihr Geschäftsmodell ruinieren. Denn mit der Anstellung der Fahrer hätten diese Vorteile und gewisse Sozialleistungen, wie eine Arbeitslosenversicherung und Mindestlohn, Lohnfortzahlung bei Krankheit und Recht auf Entschädigung bei Arbeitsunfällen.
Es geht um den Kern der „Gig-Economy“, in der die Konzerne darauf pochen, dass die Arbeitenden selbstständige Unternehmer und eigenständige Partner sind, statt abhängige Arbeiter und Angestellte. Der Unterschied wirkt sich in den Rechten der Arbeitenden, und in deren Geldbörsen aus - bzw. in den Bilanzen der Konzerne. Der Begriff Gig-Economy bezieht sich auf „Gigs“, das sind einzelne Auftritte von Musikern, beschreibt aber inzwischen einen bestimmten Teil des Arbeitsmarkts: In diesem Konzept werden den Menschen kleine, zeitlich befristete Aufträge, sogenannte Gigs, über bestimmte Online-Plattformen oder Apps übermittelt.
Millionenschwere Kampagnen
Mit 190 Millionen US-Dollar (161 Millionen Euro) betreiben die Konzerne eine Kampagne „YES 22“ - „Ja zu 22“. Neben den Fahrdienstvermittlern Uber und Lyft unterstützen auch die Unternehmen DoorDash, Instacart und Postmates, alles Liefer- und Abholdienste auf App-Basis, die Initiative. Damit ist es die teuerste Kampagne für eine Gesetzesinitiative in Kaliforniens Geschichte. Die Gegner der Vorlage, hauptsächlich die Gewerkschaften, hatten hingegen nur 16 Millionen Dollar für ihre Kampagne zur Verfügung, berichtet die Zeitung „Los Angeles Times“.
Ein Fahrer mit einem App-System soll wie ein unabhängiger Unternehmer behandelt werden, fordern die Konzerne. Gleichzeitig wollen sie ihm aber einen gewissen Mindestlohn und - unter gewissen Voraussetzungen einer wöchentlich gearbeiteten Mindeststundenanzahl - Zuzahlungen zu einer Krankenversicherung zukommen lassen. Nur so könne das bisherige Ausmaß an Beschäftigung erhalten bleiben, und die Flexibilität der Fahrer bliebe gesichert. Letztlich werde damit aber das kalifornische Arbeitsrecht für rund eine Million Menschen in derartigen Arbeitsverhältnissen ausgehebelt, so die Kritiker. Außerdem würden die Wartezeiten der Fahrer in die Mindeststundenanzahl nicht eingerechnet. Weiters befürchten sie eine allgemeine Absenkung der Löhne in dieser Branche.
Dabei gehen die Fronten teilweise quer durch die Demokratische Partei: Während Gewerkschafter gegen die Proposition 22 und für die Anstellung der Fahrer sind, gebe es durchaus auch Demokraten, die den Forderungen der Technologie-Konzerne positiv gegenüberstünden. Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom, ebenfalls ein Demokrat, hatte sich - erfolglos - bemüht, dass die verschiedenen Gruppen gemeinsam eine Lösung erreichen.
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